Dienstag, 22. September 2009
Das morgendliche christliche Wort im Radio
Heute morgen dürfte Guide Westerwelle unter der Rubrik "Das christliche Wort am Morgen" etwas Aufbauendes im Radio sagen.
Das Thema der heutigen Sendung war das Bibelzitat "Du sollst dir kein Bildniss von Gott machen".
Guide Westerwelle sagte dazu: "Ich mache mir kein Bildniss Gottes. Gott gibt mir Kraft in schweren Stunden."

Dazu fallen mir folgende Anmerkungen ein:

1. Seit sich am Wochenende der FDP-Politiker Guido Westerwelle festgelegt hat, dass sich die FDP nur an einer Koalition mit der CDU und nicht mit der SPD beteiligen würde, macht das C plötzlich Wahlwerbung für die FDP. Ich kann mir kaum vorstellen, dass morgen zu dieser Zeit zum Ausgleich ein Grünen-Politiker oder Politiker von DIE LINKE reden darf.

2. Herr Westerwelle hat wieder sehr gut gesprochen. In seinem ersten Satz hat er bestätigt, dass er sich an die Bibel hält. Damit hat er genau das gesagt, was die Christen von ihm erwarten, nämlich dass er ihre Macht anerkennt. Im zweiten Satz hat er das Übliche gesagt, nämlich dass Christen Trost in der Religion finden. Ansonsten hatte seine Aussage eigentlich keinen Inhalt.

3. Dieses Verbot in der Bibel hat den folgenden historischen Hintergrund: Bevor sich das Christentum ausgebreitet hat, waren die Menschen toleranter und haben mehrere Götter gleichzeitig erlaubt. Von diesen früheren Göttern wurden Abbilder angefertigt (wie z.B. das goldene Kalb), die angebetet wurden. Die Christen haben diese früheren Götter verboten, dazu haben sie die Verbote "du sollst keine anderen Götter neben mir haben" und "du sollst dir keine Abbilder von Gott machen" gegeben. Diese Verbote dienten nur dem Machterhalt und der Verdrängung anderer Götter. In der heutigen Zeit, wo keine solchen Götzen-Bilder verbreitet sind, hat das Bildnis-Verbot keinen Sinn mehr.

4. Die Christen halten sich selbst nicht an dieses Gebot, dann nach diesem Gebot dürfte in einer Kirche kein Kreuz hängen und es dürfte keine Maria-Bildchen geben.

5. Warum hat der Theologe nicht Guide Westerwelle das folgende Bibel-Zitat vorgehalten: "Du sollst nicht neben einem Manne liegen wie neben einer Frau, dann das ist eine Schande!"? Dann hätte Herr Westerwelle endlich mal was Gescheites sagen können und nicht nur leere Floskeln. Was hätte wohl Herr Westerwelle als Homosexueller dazu gesagt?

6. Dieses Beispiel zeigt wieder, wie man in Bibelzitate willkürlich alles hineininterpretieren kann und wie diese nur zum Machterhalt genutzt werden.

Dieser von mir geschriebene Text ist religionskritisch, aber der Theologe und BILD-Zeitungs-Kolumnist Josef Joffe hat selbst letzt in einer Kolumne der ZEIT geschrieben, dass eine Religion Kritik abkönnen muss und sich dann nicht darüber beschweren darf. Die Äusserungen von Herrn Joffe wurden zwar im Zusammenhang mit den Mohammed-Karikaturen gemacht, aber wenn Herr Joffe eine Kritik-Toleranz von den Muslimen fordert, muss diese ja auch für die Christen selbst gelten.