Sonntag, 24. Januar 2010
Interpretation der Bibel: Israels Landnahme
Gerade lese ich einen ziemlich schwer verdaulichen Teil der Bibel, nämlich das 4. Buch Moses.
In diesem Buch steht, wie dass das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten durch die Wüste zieht. (Eine Volkszählung hat ergeben, dass dieses aus 600.000 Männern im wehrfähigen Alter bestand.)

Israel bittet das Volk der Edomiter, durch ihr Land ziehen zu dürfen. Die Edomiter verweigern diese Bitte. Es kommt zu einem kleinen Scharmützel und die Israeliten ziehen sich zurück, da die Edomiter sehr viel Kriegsvolk aufbieten können.
Als nächstes fragen die Israeliten das Volk der Kanaaniter, ob sie durch ihr Land ziehen dürfen. Die Kanaaniter verweigern ebenfalls diese Bitte. Daraufhin rotten die Israeliten das Volk der Kanaaniter aus.
Danach sind die Amoriter dran. Die Israeliten fragen wieder die Amoriter, ob sie durch ihr Land ziehen dürfen. Die Amoriter verweigern diese Bitte. Das Volk der Amoriter wurde ausgerottet.
Originalzitat aus der Bibel:
Und sie schlugen ihn und seine Söhne und sein ganzes Kriegsvolk, bis keiner mehr übrigblieb, und nahmen das Land ein.

Darauf kommt das Volk der Moabiter dran. Bibel-Zitat: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets.

Die Frauen der Moabiter schienen die Israeliten am Leben gelassen zu haben. Kurze Zeit später erbost sich nämlich Moses, dass ein Israelit eine Moabiterin zur Frau nimmt und dem Gott der Moabiter huldigt. Daraufhin werden nicht nur der Mann und die Frau getötet, sondern insgesamt 24 000 Menschen.

Gegen Ende des vierten Buch Moses wird das Schicksal der Midianiter beschrieben. Bibel-Zitat: Übe Rache für die Israeliten an den Midianitern, und danach sollst du versammelt werden zu deinen Vätern. Da redete Mose mit dem Volk und sprach: Rüstet unter euch Leute zum Kampf gegen die Midianiter, die die Rache des Herrn an den Midianitern vollstrecken. ... Und sie zogen aus zum Kampf gegen die Midianiter, wie der Herr es Mose geboten hatte, und töteten alles, was männlich war. Und die Israeliten nahmen gefangen die Frauen der Midianiter und ihre Kinder, all ihr Vieh, alle ihre Habe und alle ihre Güter raubten sie
...
und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute über tausend und über hundert, die aus dem Feldzug kamen, und sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen leben lassen?... So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die laßt für euch leben
...
Und es betrug die Beute 675 000 Schafe, 72 000 Rinder, 61 000 Esel, ... Und alles Gold, das die Hauptleute über tausend und über hundert als Opfergabe für den Herrn darbrachten, wog 16 750 Lot.


Da Moses bei den Moabitern gesehen hat, welche Gefahr von den verschonten Frauen ausgeht, hat er die Frauen der Midianiter gleich töten lassen.

Nachdem ich diese Stelle in der Bibel gelesen habe, bin ich mir sicher, dass es richtig war, aus der Kirche auszutreten. Ich wette, dass mehr als 90 Prozent aller Christen diese Bibelstelle nicht kennen. Oder könnte sich jemand vorstellen, dass in der Schule bei einer Prüfungsarbeit im Fach Religion die Frage kommt: "Zählen Sie alle Völker auf, die Israel ausgerottet hat?".

Hans Söllner hatte diese Stelle in der Bibel wohl auch gekannt, als er gesungen hat:
Und ich Depp zahl noch eueren Gott, der immer nur mit dem Finger auf mich zeigt und sagt ich soll ihn respektieren und ehren, der, der ganze Völker ausgerottet hat, oder mit Drohungen bekehrt.

 
Wenn man so unbefangen die Bibel liest, dann steckt diese voll von Grausamkeiten und Gemeinheiten. Selbst im bekannteren Neuen Testament gibt es viele, aus meiner Sicht, Ungerechtigkeiten. So habe ich mich z.B. immer über das Gleichnis vom verlorenen Sohn oder von den Arbeitern im Weinberg geärgert.
Allerdings bin ich dennoch vorsichtig, was die Interpretation der Bibel anbelangt. Ich habe schon an Andachten teilgenommen oder im Radio gehört (z.B. die tägliche Morgenandacht auf dem Arbeitsweg), wo unter Berücksichtigung des jeweiligen Hintergrunds, der Sitten und Gebräuche etc. ein ganz anderer Sinn herauskam. Dann konnte ich das nachvollziehen und dann erschien es auch gar nicht mehr so blutrünstig und gemein. Kürzlich ging es z.B. um das berühmte "Auge um Auge" und heute um Isaak, Jakob und Esau.

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