Freitag, 4. Juni 2010
Über die Bundespräsidentenwahl
Die Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl stehen nun fest: von CDU und FDP wird der 50-jährige CDU-Ministerpräsident Christian Wulff vorgeschlagen, SPD und Grüne unterstützen den 70-jährigen Joachim Gauck, der frühere Chef der nach ihm benannten Stasi-Unterlagen-Behöre.

Ein Bundespräsident ist zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet. Diese Verpflichtung ist auch sinnvoll. Man stelle sich nur einmal vor, eine SPD-Regierung würde die CDU-Regierung ablösen und ein CDU-Bundespräsident wurde dann auf einmal in seinen vielen Reden ganz anders über die aktuelle Regierung reden und bei der Prüfung von Gesetzen diese nicht mehr immer sofort durchwinken, sondern lange liegen lassen. Deshalb halte ich einen CDU-Ministerpräsidenten wie Christian Wulff für eine schlechte Wahl. Alleine der Vorschlag einen solchen CDU-Karrieristen ist schlecht.

Der Bundespräsident muss mindestens 40 Jahre als sein. Nach Ende seiner Amtszeit bekommt er lebenslang sein Gehalt ungeschmälert weiter gezahlt. Dafür wird erwartet, dass er keine weiteren politischen oder wirtschaftlichen Tätigkeiten aufnimmt, sondern nur noch ein elder Statesman ist. Dieser Aspekt ist wieder ein Argument gegen einen 50-jährigen Bundespräsidenten. Dieser Bundespräsident dürfte dann nach Ende seiner Amtszeit mit 55 Jahren nicht mehr Arbeiten und der Staat müsste lebenslang eine dicke Pension zahlen.

Auch ein weiterer Grund spricht dafür, dass der Bundespräsident mehr älter und lebenserfahrener ist. Ein 70-Jähriger wie Herr Gauck könnte bei einer seiner Reden gelassen sagen: "Ich habe schon viel erlebt: erst meine Zeit als Pfarrer und die Bespitzelung durch die Stasi, dann der Fall der Mauer, glauben sie mir liebe Bürger, die Finanzkrise wird auch vorbei gehen.". So könnte ein 40-Jähriger, der nur seine Karriere innerhalb der CDU kennt, überhaupt nicht reden.

Aufgrund der obigen Überlegen bin ich eindeutig für Herrn Gauck als neuen Bundespräsidenten.

Die Aussage der Linkspartei, den von der SPD vorgeschlagenen Herrn Gauck nicht wählen zu wollen, hat mich jedoch überrascht. Sind in der Linkspartei noch so viele ehemalige Stasi-Mitarbeiter, auch wenn der Mauerfall schon 20 Jahre zurück liegt?

Ich als Journalist würde Herrn Wulff die folgende Frage stellen: "Würden sie die Wahl auch annehmen, wenn es nur mit den Stimmen der Linkspartei reicht?". Dann sollte die Presse auf Herrn Wulff Druck ausüben, damit er sich sofort und dauerhaft auf ein eindeutiges Ja oder Nein festlegt, wobei die Presse gleichzeitig nur die Antwort "Nein" zulassen dürfte. Danach könnte die Presse wochenlang auf diesem Thema rumreiten und Wulff entweder Wortbruch vorwerfen, ihn Wülfilanti nennen oder sagen "Pfui Teufel, der hat sich mit den Stimmen der Linkspartei wählen lassen".
Hoffentlich führt diese Betrachtung dazu, dass es endlich mal damit aufhört, dass bei jeder Wahl wieder eine neue Rote-Socken-Kampagne begonnen wird, bei der die Presse immer so gerne mitmacht.

Der Kandidat Gauck, der von der SPD unterstützt und der Linkspartei abgelehnt wird, dient auch dazu, dem Wahlvolk den Unterschied zwischen der SPD und der Linkspartei aufzuzeigen.

Vielleicht führt dieser Kandidat Gauck auch dazu, dass ein Keil in die Linkspartei getrieben wird. Es ist durchaus denkbar, dass Herr Gauck von den Landesverbänden im Osten abgelehnt wird, die Landesverbände im Westen aber gerne Herrn Gauck unterstützen würden.

Wenn man die obigen Punkte bedenkt, war es von der SPD ein guter Schachzug, Herrn Gauck als Kandidaten vorzuschlagen.