Samstag, 22. Dezember 2012
Energieverschwendung
Am Apache-Server der Entwicklungsumgebung musste ich gestern eine kleine Konfigurationsänderung vornehmen. Ich habe mich gewundert, warum diese Änderung nach einem Neustart des Apache-Servers nicht wirkt. Die Erklärung dafür ist, dass ich die Konfigurationsänderung auf einem alten Rechner vorgenommen habe, der überhaupt nicht mehr verwendet wird. Die Entwicklungsumgebung wurde vor einiger Zeit auf eine neue Hardware umgezogen, und es wurde einfach vergessen, den alten Rechner abzuschalten. Aus diesem Grund steht seit einem halben Jahr im Rechenzentrum ein Rechner, der den ganzen Tag sinnlos Strom verbraucht. Der Rechner verbraucht nicht nur Strom, sondern wird auch noch klimatisiert und jeden Tag gebackupt. Es wäre illusorisch von mir zu fordern, dass noch vor Weihnachten der Stromstecker gezogen wird – schließlich hatte der IT-Admin schon ein paar Tage vor Weihnachten Urlaub, und die Urlaubsvertretung wäre sicherlich nicht so verrückt, einfach den Stromstecker zu ziehen. Ich gehe davon aus, dass es noch mindestens 2 Wochen dauern wird, bis der Rechner keinen Strom mehr verbraucht.

Wenn das so ist, sollte ich mal überprüfen, ob die beiden anderen Rechner, mit deren Abbau ich die IT-Admins vor einem halben Jahr beauftragt habe, auch wirklich abgebaut wurden. Pustekuchen! Die Rechner laufen immer noch. Laut den Access-Logs greift seit Monaten niemand mehr auf die Rechner zu. Da habe ich mir die Mühe gemacht, von allen Personen das Einverständnis zum Abbau der Rechner zu holen, und das wird von den IT-Admins dann einfach ignoriert. So laufen seit einem halben Jahr mindestens 3 Rechner in Rechenzentrum, die überhaupt nichts tun.

Ich selbst bin ja ein großer Energiesparer. Nach dem Erwerb einer elektrischen Zahnbürste habe ich genauestens geprüft, ob man die Ladestation besser ständig am Strom lassen sollte oder ob es sinnvoll wäre, den Stromstecker nur bei Bedarf einzustecken. Die Bedienungsanleitung der Zahnbürste empfiehlt, den Stromstecker immer eingesteckt zu lassen. Die Bedienungsanleitung enthält auch die Angabe, wie hoch der Stromverbrauch der Ladestation ist. Falls die Zahnbürste schon vollständig geladen ist, ist der Stromverbrauch nur halb so hoch wie in dem Fall, dass die Zahnbürste wirklich geladen werden muss. Diese Angabe konnte ich mit Hilfe eines genauen Stromverbrauchsmessgerätes bestätigen. Der Stromverbrauch der ständig eingesteckten Ladestation würde umgerechnet maximal drei bis fünf Euro pro Jahr kosten. Bei der Überlegung sollte man weiterhin berücksichtigen, dass die heutigen Geräte so gebaut sind, dass sie nach vier bis fünf Jahren kaputt gehen. Wenn man jetzt ständig den Stromstecker zieht und dafür der fest eingeklebte Akku der elektrischen Zahnbürste ein Jahr früher kaputt geht, hat man überhaupt nichts gewonnen. Am Ende der langen Überlegung war ich unsicher, ob es sinnvoll ist, was die bessere Lösung wäre. Dennoch schließe ich jetzt die Ladestation nur bei Bedarf an den Strom an. Dies ist einfach so meine Art.

Bezüglich Energiesparen fällt mir die folgende Anekdote ein: In einem Software-Projekt hat ein Kollege mit gearbeitet, dessen Wohnort 200 Kilometer entfernt war. Er war nämlich an einem anderen Standort meiner damaligen IT-Beratungsfirma angestellt. Da seine Frau gerade ein Kind bekommen hat, ist er jeden Abend mit dem Auto nach Hause gefahren. Das Projekt fand im Jahr 2001 statt – ein Jahr vorher wurden Informatiker noch händeringend gesucht. Dies erklärt, warum mein Kollege, der gerade vor einem Jahr zu der Firma kam, als Informatiker mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung mit einem dicken Gehalt und einem E-Klasse-Mercedes als Dienstwagen geködert wurde. So kam es, dass mein Kollege die tägliche Fahrerei mit einem fetten Dienstwagen absolvieren konnte. Bei einem Dienstwagen, dessen Betankung die Firma bezahlt, achtet man ja auch nicht auf den Benzinverbrauch. Da fährt man einfach auf der linken Spur so schnell wie es nur geht. Ein normaler Autofahrer denkt vielleicht darüber nach, ob es für den Motor gut ist, den LKW auf der Landstraße zu überholen, wenn der Motor noch nicht warmgefahren ist. Ein Dienstwagenbenutzer schafft es dagegen schon einmal, nach zwei Jahren ein Motorschaden bei einer E-Klasse zu fabrizieren. Jedenfalls ist der Kollege jeden Tag von Ort A nach Ort B gependelt und ist dabei jedem Monat tausende von Kilometern mit Vollgas über die Autobahn gejagt. Ein anderer Kollege von mir ist genau in die entgegengesetzte Richtung gereist: er hat in Ort B gewohnt und hatte ein Projekt in Ort A. Da er kein kleines Kind hatte, ist er nicht jeden Tag gependelt, sondern hat im Hotel übernachtet. Wobei diese Übernachtung zu einem Preis von 100 Euro pro Übernachtung plus 24 Euro Verpflegungspauschale die Firma auch nicht günstiger kam als die täglichen Benzinkosten. Diese riesige Energieverschwendung hätte man sich sparen können, wenn der Kollege aus Ort A an dem Projekt aus Ort A und der Kollege aus Ort B an dem Projekt in Ort B gearbeitet hätte. Eigentlich wäre das überhaupt kein Problem gewesen, da für diese Projekte nicht irgendwelche Spezialexperten gefragt waren, sondern einfach der fünfte 08/15-Java-Entwickler gesucht wurde. Für diese Energieverschwendung hat sich aber niemand interessiert. Dafür habe ich folgende Erklärung: Die Abteilungsleiter, die über die Einsätze der Mitarbeiter entscheiden, werden an dem Umsatz ihrer Abteilung gemessen. Ein großer Teil des Gehalts eines Abteilungsleiters ist variabel, und die Höhe des variablen Gehalts ist größtenteils an den Umsatz und Gewinn der Abteilung gekoppelt. So kommt es, dass ein Abteilungsleiter, der ein Projektmitarbeiter für den Ort A sucht, nicht fragt, welche verfügbaren Mitarbeiter es am Standort A gibt, sondern fragt, welche verfügbaren Mitarbeiter es in seiner Abteilung gibt. Reisekosten und Reisezeit sind dem Abteilungsleiter vollkommen egal. Die Reisezeit ist die Privatsache der Mitarbeiter und kostet so der Firma überhaupt kein Geld. Die Reisekosten werden nicht der Abteilung angelastet, sondern aus einem großen unternehmensweiten Topf bezahlt, und niemand interessiert sich dafür, ob am Ende des Jahre eine Million mehr oder weniger an Reisekosten angefallen sind. Das heißt diese riesige Energieverschwendung ist nur deshalb erfolgt, weil damals das variable Gehalt eines Abteilungsleiters an bestimmte Faktoren gekoppelt war. Mittlerweile hat sich die Situation aber etwas geändert: normale Informatiker ohne Führungsverantwortung bekommen keine Dienstwagen mehr und die Reisekosten werden jetzt dem Projekt zugeordnet. Solche große Energieverschwendungen in anderen Bereichen lassen mich zweifeln, was es bringt, wenn man sich selbst einen großen Kopf macht, was denn der Standby-Betrieb der eigenen Kleinverbraucher benötigt.