Montag, 24. Dezember 2012
Motzblogs
Meine letzten Blogbeiträge waren durchweg negativ. Diese Haltung findet sich nicht nur in meinem Blog, sondern auch in vielen anderen wie z.B. blog.fefe.de oder rebellmarkt.blogger.de. Viele Blogbeiträge sind nach dem Muster „schaut mal was die CDU wieder für ein Blödsinn macht“ geschrieben, es gibt aber fast keine Blogbeiträge, die mal eine Entscheidung der CDU-Regierung loben. Diese Haltung in den Blogs hat zur Bildung des Begriffs Motzblog geführt. Deshalb musste ich einmal für mich prüfen, ob ich zu negativ eingestellt bin und diese Einstellung ändern sollte.

Vergleichen wir dazu mal die Motzblogs mit klassischen Medien wie der Bild-Zeitung. In der Bild-Zeitung findet man nie eine negative Nachricht über CDU-Regierung. Der Untersuchungsausschuss zu Gorleben wurde in der Bild-Zeitung nie erwähnt. Dabei wäre es doch sehr interessant herauszufinden wie es dazu kam, dass man erst große Mengen radioaktiven Mülls in einen Salzstock kippt, und diesen radioaktiven Müll später dann wieder aufwändig bergen muss. Die damals zuständige CDU-Umweltministerin ist jetzt CDU-Bundeskanzlerin. Wenn die Verantwortung dafür nicht bei der CDU, sondern der SPD gelegen wäre, hätte die Bild-Zeitung tagelang jeden Tag über die neuesten Neuigkeiten aus dem Gorleben-Untersuchungsausschuss berichtet und genau vorgerechnet, wie viele hundert Millionen Euro die Bergung des radioaktiven Mülls kostet. Die Bild-Zeitungsleser wissen auch nicht, dass die CDU-Familienministerin kurz vor Weihnachten eine Diskussion darüber vom Zaun gebrochen hat, ob man „der Gott“ oder „das Gott“ sagen soll. Aus Gründen der Gleichberechtigung sagt die CDU-Ministerin „das Gott“. Hätte ein SPD-Politikerin einen solchen Unsinn geredet, hätte die Bild-Zeitung daraus eine Schlagzeile „Mein Gott Ministerin, was reden Sie für einen Unsinn“ gemacht. Die SPD wird dafür umso mehr von der Bild-Zeitung durch den Kakao gezogen. So war es vollkommen vorhersehbar, dass die Bild-Zeitung nach der Nominierung des SPD-Kanzlerkandidat tagelang negativ über ihn schreibt. Nach dem Drohanruf des ehemaligen Bundespräsidenten Wulff bei der Bild-Zeitung hat die Bild-Zeitung jeden Tag eine ganze Seite mit negativen Artikeln über Wulff vollgeschrieben und so seinen Rücktritt erzwungen. Das, was man im Internet Motzbloggerei nennt, nennt man bei der Bild-Zeitung Schmutzkampagne.

Die Bild-Zeitung sät auch Hass. Man findet in der Bild-Zeitung öfters Artikel über Hartz IV-Empfänger, die zu faul zum Arbeiten sind und sich von den Hartz IV-Bezügen noch Schnaps und Zigaretten kaufen können. Der typische Bild-Zeitungsleser denkt dann: der Hartz IV-Satz ist viel zu hoch. Die Bild-Zeitung berichtet dagegen aber nie über Formel 1-Stars, die eine Milliarde Euro verdient haben, und dann Steuerflucht in die Schweiz begehen. Diese einstige Berichterstattung ist wohl darin begründet, dass die Besitzer der Bild-Zeitung vorgeben, dass die Zeitung die Umverteilung von Unten nach Oben fördern muss.

Die Bild-Zeitung ist aber auch ein schlechter Vergleich, weshalb ich im nächsten Schritt die Motzblogs mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen vergleichen möchte. Als Bewohner von Baden-Württemberg habe ich im Nachrichtenprogramm des SWR-Fernsehens jahrelang nie den Hauch einer Kritik über die Landesregierung gehört. Die politische Berichterstattung in SWR 3 ist immer dem Muster gefolgt: Die Landesregierung hat beschlossen, dass …, und das ist auch gut so. Diese Entscheidung ist alternativlos und bringt auch keine Nachteile mit sich.. Die Opposition wurde in SWR 3 nie erwähnt. Dieser Stil der Berichterstattung hat sich um 180 Grad gedreht, als Rot-Grün an die Landesregierung kam. Seit dem sieht man immer das Muster Die CDU hat zu kritisieren, dass .... Einerseits ist die Berichterstattung jetzt ausgewogen, weil der CDU genau so viel Platz für ihre Kritik eingeräumt wird, wie Rot-Grün für die anschließende Rechtfertigung, andererseits …. Die politischen Berichte im SWR-Fernsehen sind Motz-Nachrichten geworden.

Wenn man sich mal mit dem Gedanken beschäftigt, ein neues Auto zu kaufen, wird man einige Zeit lang die Autotests in Zeitungen und die Internet-Foren der Autobesitzer studieren. Dabei habe ich das Gefühl, dass man nach den Lesen von einem Dutzend Autotests in Zeitungen auch nicht schlauer ist als vorher. Die Autotests in den Zeitungen sind so nichtssagend, dass man nicht weiß, welches von den zehn getesteten Autos jetzt besser ist. Man findet auch nie Autotests, die wirklich negativ ausfallen. Ich hab eine Zeit lang benötigt, um herauszufinden, warum die Autotests alle so positiv sind: die Automobilfirmen geben viel Geld für Werbung in Zeitungen und Zeitschriften aus. Dafür erwarten sie, dass in diesem Medien nicht negativ über ihre Autos berichtet wird. Weiterhin ist es so, dass bei der Vorstellung eines neuen Autos die hauptberuflichen Autotests für eine Woche nach Mallorca eingeladen werden, um dort das Auto zu testen. Welcher Autotester würde denn nach einem geschenkten Mallorca-Urlaub negativ über das Auto berichten? Der müsste sich danach ja gleich arbeitslos melden. Im Gegensatz dazu sind die Beiträge in den Auto-Foren im Internet oft sehr negativ. Da hat mal jemand ein Montagsauto erwischt und ist darüber so sauer, dass er sich die Mühe macht, im Internet mal so richtig zu meckern. Wenn von 1000 Autokäufern 999 im Großen und Ganzen zufrieden sind, und ein Käufer sehr unzufrieden ist, wird sich niemand von den zufriedenen Autobesitzern die Mühe machen, einen Beitrag im Internet-Forum mit dem Inhalt „Im Großen und Ganzen zufrieden“ zu schreiben. Nur der eine unzufriedene Autobesitzer meldet sich im Internet-Forum. Aus diesem Grund ist das Meinungsbild in den Internet-Foren oft negativ verzerrt. Dieser Umstand ist aber mittlerweile bekannt und die regelmäßigen Internet-Nutzer wissen, wie sie dieses Meinungsbild im Internet auf eine normierte Skala umrechnen müssen. Wenn man dieses Wissen hat, sind die Internet-Foren ehrlicher und informativer als die Autotests in den Zeitungen.

Selbst eine CDU-nahe Zeitung hat vor kurzem geschrieben, dass die FDP im Baden-Württembergischen Landtag weit von einer seriösen Oppositionspolitik entfernt ist, und eine reine Krawallmacherei betreibt. So lange Oppositionspolitiker von Steuergeldern dafür bezahlt werden, den ganzen Tag nur destruktiv zu Motzen, gibt es für mich keinen Grund, mich bei meiner unbezahlten Kritik in meinem Blog selbst zu zensieren.

Meine erste Rezension bei Amazon vor vier Jahren war absolut negativ. Damals bin ich öfters durch das Bücherangebot von Amazon gestörbert und dabei durch Verweise wie "Kunden, die diese Artikel kauften, kauften auch ..." auf Bücher gestoßen, die auf Amazon sehr interessant beschrieben wurden, sich im Nachhinein aber als absoluter Fehlkauf entpuppt haben. Nach einigen solcher Fehlkäufe hat mich die starke Diskrepanz zwischen der Eigenwerbung bei Amazon und dem realen Inhalt der Bücher gestört, weshalb ich meine erste negative Rezension verfasst habe. Amazon war damals das erste Unternehmen, das überhaupt negative Rezensionen zugelassen hat. Mittlerweile passieren mir fast keine Fehlkäufe mehr, auch dank der Amazon-Rezensionen. Meine Rezensionen wurden schon dreihundert Mal als hilfreich bewertet. Die Anzahl der Kunden, die ich vor Fehlkäufen bewahrt habe, ohne dass sich auf den Button "Diese Rezension war hilfreich" geklickt haben, geht wohl in die Tausende. Von meinen letzten 5 Rezensionen bei Amazon sind 4 positiv. Diese Betrachtung zeigt, dass der kritisierende Anteil in meinen Texten hauptsächlich von den äußeren Umständen abhängt und auch kritische Texte hilfreich sein können.