Montag, 19. August 2013
Zugspitze – Großglockner – Watzmann
Zugspitze by fair means
Als deutscher Bergsteiger sollte man einmal im Leben auf dem höchsten deutschen Berg – der Zugspitze – gestanden sein. Im August bot sich für mich dazu eine gute Gelegenheit. Ich musste mich nämlich für eine Woche mit Bergführer akklimatisieren, und die Zugspitzregion lag gerade auf halben Weg zwischen meinem Heimatort und dem Treffpunkt mit dem Bergführer. Für mich war es selbstverständlich, die Zugspitze by fair means, d.h. ohne Benutzung einer der zwei Seilbahnen auf die Zugspitze, zu machen.
Für den Aufstiegsweg zur Zugspitze habe ich mir den Weg durch das Höllental ausgesucht. Die meisten Personen, die diesen Weg gehen, legen eine Zwischenübernachtung auf der Höllentalangerhütte ein:



Von dieser Höllentalangerhütte aus kann man direkt auf die Zugspitze schauen. Die Zugspitze ist der Gipfel in der Mitte mit den hohen Masten. Der Berg weiter rechts sieht zwar höher aus, doch dies ist nur eine Täuschung, die durch die Perspektive bedingt ist:



Da ich im Voraus eine ganze Woche das sehr empfehlenswerte Hotel Alpenhof im Zugspitzdorf Grainau gebucht habe, wollte ich nicht wie die anderen Bergsteiger in der Höllentalangerhütte übernachten. Ansonsten hätte ich ja eine schon bezahlte Übernachtung im Hotel verschenkt. So müsste ich in einem Tag die 2200 Höhenmeter vom Talort bis zur Zugspitze bewältigen. Dies klingt erst einmal viel, aber dafür hat man an diesem Tag überhaupt keine Höhenmeter im Abstieg. Diese 2200 Höhenmeter habe ich in viereinhalb Stunden geschafft, eine weitere halbe Stunde habe ich benötigt, um von meinem Hotel aus eben zum Anfang des Höllentals zu gehen.
Beim Aufstieg zur Zugspitze habe ich 50 Bergsteiger überholt, die vermutlich alle von der Höllentalangerhütte gestartet sind. Das Überholen war problemlos, selbst im Klettersteig habe ich 20 Personen überholen können – entweder wurde man vorbeigelassen oder man konnte im breiten Klettersteig ohne Unterstützung des Vordermanns überholen.
Diese 50 Personen im Aufstieg sind harmlos gegen den Anblick, den man nach Erreichen des Zugspitz-Gipfels hat:



Auf diesem Beton steht die „Alpenvereinshütte“ Münchner Haus, wo ich übernachten wollte. Es war nicht einfach, einen Übernachtungsplatz in diesem Haus zu bekommen. Ich wusste, dass um 17:00 Uhr die letzte Seilbahn fährt, weshalb das Personal spätestens ab 17:30 Uhr genügend Zeit haben müsste. Gleichzeitig ist 17:30 Uhr aber noch so früh, dass noch niemand beim Abendessen sitzen sollte. Deshalb habe ich am Vortag um 17:30 Uhr beim Münchner Haus angerufen, um einen Schlafplatz zu reservieren. Obwohl des Personal eigentlich Zeit haben sollte, musste ich mir eine Bandansage anhören: „Liebe Bergfreunde, leider haben wir ja soo viiieeel zu tun, dass wir unmöglich ans Telefon kommen können. Ihr braucht auch gar nicht versuchen, einen Schlafplatz zu reservieren, wir sind sowieso komplett ausgebucht. Und falls ihr das Wetter wissen wollt, ruft besser beim Wetterdienst an, die kennen das Wetter besser als wir.“ Diese Bandansage musste ich mir noch einige Male anhören, und die Stimme kam mir von Mal zu Mal arroganter vor. Als ich den Wird endlich persönlich erreicht habe, wurde ich aufgrund meiner bitte nach einem Schlafplatz nur ausgelacht: „Wir haben 27 Schlafplätze, gestern haben 70 Leute auf der Hütte übernachtet – die lagen überall“. Irgendwie habe ich dann doch noch einen Schlafplatz bekommen. Die Aussage, dass angeblich 70 Leute auf der Hütte übernachtet hätten, kann ich nicht glauben, Als ich dort übernachtet habe, waren dort nur 17 Übernachtungsgäste, wovon 14 am Folgetag den Jubiläumsgrat gehen wollten.

Jubiläumsgrat
Der Jubiläumsgrat ist der Grat von der Zugspitze zur Alpspitze. Den besten Eindruck von Jubiläumsgrat bekommt man durch den Ausblick von der Stepbergalm: der größte Berg ganz rechts ist die Zugspitze, die Pyramide ganz links ist die Alpspitze, und alles dazwischen ist der Jubiläumsgrat:



Nach der Übernachtung auf dem Münchner Haus hatten es alle Jubiläumsgrataspiranten eilig, früh loszugehen. Der Grund für diese Eile ist unter anderem, dass man nach dem Jubiläumsgrat die letzte Alpspitz-Seilbahn um 17:00 Uhr erwischen sollte, da man ansonsten noch einen langen Abstieg vor sich hat. Die meisten sind mit der ersten Helligkeit um 05:30 Uhr gestartet. Das Münchner Haus bietet aber erst ab 06:45 Uhr Frühstück an. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne Kaffee und Frühstück zu starten, weshalb ich die Frühstückszeit abwarten wollte. Um 06:30 Uhr war ich aber wach und abmarschbereit, und wollte nicht weitere Zeit mit dem Warten auf das Frühstück verschwenden. So sind an diesem Tag 14 Personen zum Jubiläumsgrat aufgebrochen, ohne vom Münchner Haus ein Frühstück zu bekommen. Kleine Rechenübung: ein Frühstück auf einer Alpenvereinshütte kostet bis zu 9 Euro. Bei 14 Personen kämen so schnell mehr als 100 Euro zusammen. Dafür müsste nur eine der drei Personen vom Hüttenpersonal eine Stunde früher aufstehen. Daran sieht man, wie viel Wert das Münchner Haus auf Übernachtungsgäste und Bergsteiger legt. Das Münchner Haus verdient lieber mit den Gästen, die mit der Seilbahn hochfahren, fünf Weizenbier trinken, und dann wieder mit der Seilbahn runterfahren.
Eine viertel Stunde nach dem Abmarsch von der Zugspitze bekommt man einen ersten Überblick über den Grat: links oben sieht am die Alpspitze als Gratende und links in der Mitte zwei Begeher des Grats:



Auf dem Grat ist man meistens so unterwegs:



Oder so:



Oder auch so:



Es gibt laut Führerliteratur eine Schlüsselstelle im dritten Schwierigkeitsgrad. Mir kam es vor, dass es mindestens zwei oder drei solcher Stellen gibt:



So schlimm wie auf dem folgenden Bild ist aber der Grat auch nicht. Der folgende Gratbegeher hat sich verstiegen. Grundsätzlich soll man zwar immer am Grat bleiben, aber manche Gratzacken umgeht man besser, anstatt sie zu überklettern:

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Nach zweieinhalb Stunden habe ich die Gratbegeher Nummer 9 und 10 überholt, die nach eigenen Angaben eine Stunde vor mir gestartet sind. Nach meiner Hochrechnung müssten diese Gratbegeher neuneinhalb bis zehn Stunden für den ganzen Grat benötigt haben. Die Gratbegeher 1 bis 8 habe ich schon früher überholt. Diese werden wohl zwölf bis vierzehn Stunden benötigen. Die einzigen, die ich nicht einholen konnte, war eine Dreiergruppe von der Südtiroler Bergwacht.
Kurz nach 9 Uhr ist für zehn Minuten ein kurzer Regenschauer aufgekommen, der nicht vom Wetterbericht vorhergesagt war. Nach dem zehnminütigen Schauer ist der Himmel dunkel geworden und der Regen stärker. Nachdem ich mir den stärkeren Regen fünf Minuten angeschaut habe (und Goretex-Jacke sowie Goretex-Überhose angezogen habe), habe ich mich entschlossen, den Notabstieg zur Knorrhütte zu nehmen. An dem Wegweiser zum Notabstieg bin ich zehn Minuten zuvor vorbei gekommen, das heißt ich musste diesen Weg auf dem Grat wieder zurückgehen. Der Wegweiser weist auf ein Schuttfeld, auf dem man keine Wegmarkierungen oder Steigspuren findet. Nach einigen hundert Metern geht dieses Schuttfeld in steile Felsplatten über. Da ich schon von vom Grat aus in die Mulde hinunter zur Knorrhütte schauen konnte, wusste ich, wie das Gelände aussieht: es gibt überall steile Felsplatten, an deren oberen Ende steiler Schutt liegt. Das Problem ist, dass man mehrere hundert Meter ohne Spuren über den Schutt gehen muss, und danach eventuell die falsche Felsplatte erwischt, die viel steiler und schwieriger ist als der richtige Weg. Nach kurzer Zeit habe ich mich deshalb entschlossen, diesen Abstiegsversuch zur Knorrhütte abzubrechen und wieder zurück zum Jubiläumsgrat zu gehen. Lieber kämpfe ich mich bei Regen über einen Klettersteig, als irgendwelche steile Platten zur Knorrhütte abzuklettern, ohne zu wissen ob ich auf dem richtigen Weg bin. Glücklicherweise hat der starke Regen nach zehn Minuten wieder aufgehört und der Himmel ist wieder hell geworden. Dieser Versuch, den Abstieg zur Knorrhütte zu nehmen, hat mich eine halbe Stunde zusätzlich gekostet. So habe ich für den gesamten Jubiläumsgrat von der Zugspitze bis zur Alpspitz-Seilbahn acht Stunden benötigt, ohne diesen Umweg wären es nur siebeneinhalb Stunden gewesen.

Großglockner
Nach dem Treffen mit dem Bergführer standen erst zwei kleinere Tourentage auf dem Programm, und danach der Großglockner über den Stüdlgrat. Aufgrund von Schnee musste dieser dritte Schwierigkeitsgrad mit Steigeisen geklettert werden:



Wenn man auf dem Stüdlgrat nach hinten blickt, sieht der Grat so aus:



Watzmann-Ostwand
Um eine Vorstellung von der Größe der Wand zu bekommen, möchte ich ein Bild zeigen, dass ich kurz nach der Durchsteigung aufgenommen habe. Die linke Wand auf dem Bild ist die Ostwand, wenn man das Vollbild anzeigt und dort genau sucht, sieht man zwei Kletterer in der Wand:



Ich habe eine Zeit lang mit der Idee gespielt, diese Wand mal solo zu machen. Nachdem ich diese Tour mit Bergführer gemacht habe, muss ich sagen, dass das keine Solotour für mich wäre. Am Anfang gibt es zwei Seillängen und später nochmal eine halbe Seillänge, bei denen ich nicht auf eine Seilsicherung verzichten wollte:



Abgesehen von diesen zweieinhalb Seillängen bin ich auf den Vorschlag des Bergführers, dass ich auch ohne seil gehen dürfte, gerne eingegangen. So konnte ich kurz stehen bleiben und Fotos machen, ohne gleich am Seil gezogen zu werden:



Die Begehung der Watzmann-Ostwand endet bei der Watzmann-Südspitze. Danach stand für uns noch die sogenannte Watzmann-Überschreitung über die Watzmann-Mittelspitze zum Hocheck auf dem Programm. Dies waren noch einmal ein paar zusätzliche Höhenmeter, so dass am Ende 2300 Höhenmeter im Aufstieg und genauso viele Höhenmeter im Abstieg zusammen kamen. Das ist mein persönlicher Rekord.