Donnerstag, 14. Januar 2016
Gutmensch als Unwort des Jahres 2015
Nachdem ich das gelesen habe, dass das Wort Gutmensch zum Unwort des Jahres 2015 erklärt wurde, musste ich erst einmal darüber nachdenken, was dieses Wort für mich bedeutet. Es gibt ein paar Menschen, die ich nur mit dem Wort Gutmensch treffend beschreiben kann. Zum Beispiel diese 50-jährige Hausfrau, die aufgrund des hohen Gehalts ihres Manager-Ehemanns nicht mehr arbeiten muss. Sie fährt mit dem dicken 6-Zylinder-Geländewagen einkaufen, und unterzeichnet gleichzeitig auf Facebook eine Online-Petition gegen eine neue Palmöl-Plantage in Brasilien. Ein anderes Beispiel ist der 40-jährige Arbeitslose, der ständig in seinem Blog auf den Staat schimpft, weil er keine Arbeitsstelle bekommt, die einem Menschen mit einem sechsjährigen Philisophiestudium angemessen ist. Dieser Linksblogger und die Gutmenschen-Hausfrau kommen ständig mit kreativen Ideen, für welche sozialen Wohltaten der Staat noch ein paar Milliarden Euro mehr ausgegeben könnte, aber gleichzeitig würden sie trotz ihrer sehr vielen freien Zeit selbst nicht auf die Idee kommen, ihre Zeit sinnvoll für eine ehrenamtliche Arbeit als Flüchtlingshelfer zu nutzen. Diese Art von Menschen kann ich treffender weise nur mit Gutmensch beschreiben.

Einen Mensch, der seine eigene Arbeitskraft oder sein eigenes Geld für etwas sozial Gutes einsetzt, achte ich sehr. Diese wirklich sozial engagierte Person würde ich nie als Gutmensch bezeichnen. Ein Gutmensch dagegen ist für mich dagegen jemand, der soziales Engagement nur heuchelt und von anderen einfordert, selbst aber nichts leistet. Die Unwort-Redaktion definieren dagegen das Wort Gutmensch so, als wäre dieses Wort das Schimpfwort für Jemanden, der wirkliche soziale Arbeit leistet und diese nicht nur heuchelt. Diese Definition klingt für mich wie eine bewusste Wortverdrehung, die nur dem Ziel dient, dieses Wort zu verbieten.

Ein Heuchler ist ein Mensch, der nach außen vorgibt, eine innere geistige Einstellung zu haben, die er in Wirklichkeit nicht hat. Pharisäer und Gutmenschen sind Untergruppen von Heuchlern: Pharisäern heucheln eine Religiosität, und Gutmenschen heucheln Umweltschutz und soziales Engagement. Der Begriff Umweltschutz wurde erst vor wenigen Jahrzehnten erfunden und in den Duden aufgenommen. Dementsprechend finde ich es passend, dass der Duden auch den dazugehörigen Begriff Gutmensch als eine Art Heuchler von Umweltschutz und sozialem Engagement ebenso in den Duden aufgenommen hat.

Hätte die Industrie-Lobby damals besser aufgepasst, hätte sie in den Achtzigerjahren den Begriff Umweltschutz zu einem Unwort erklärt. Wenn man diesen Begriff nicht mehr aussprechen darf, kann man sich auch nicht mehr für den Umweltschutz engagieren. Ergo würde es heute keine Katalysatoren und Rußfilter für Autos geben, und niemand könnte über den Klimawandel reden. Die Sprache steuert nämlich, was man denken kann. Deshalb verbietet die Gedankenpolizei in Orwells Roman 1984 auch regelmäßig Begriffe, um damit den Menschen auch die dazugehörigen Gedanken zu verbieten.
Passend dazu habe ich in der FAZ (Link) einen Artikel gefunden: "Bedrohte Meinungsfreiheit - Politisch ganz korrekt". Meine erste Vermutung bei dieser Überschrift war, dass die FAZ selbstkritisch das Unwort des Jahres 2015 reflektiert. Aber stattdessen bezieht sich dieser Artikel nur auf Großbritannien: "An britischen Universitäten läuft die „neue politische Korrektheit“ aus dem Ruder .... Professoren sehen das Grundrecht auf freie Rede bedroht.". Dazu fällt mir nur noch das Sprichwort ein: Den Splitter im Auge seines Bruders sieht man, das eigene Brett vor dem Kopf sieht man aber nicht.

Vor 2000 Jahren war derjenige Mensch am höchsten angesehen, der am penibelsten die ganzen religiösen Vorschriften befolgt hat. Infolgedessen gab es viele Menschen, die nach außen hin Religiosität geheuchelt haben, um an Sozialprestige zu gewinnen. Diese Menschen wurden von Jesus als Pharisäer bezeichnet. Wenn sich heutzutage die Akademiker abends in einer Großstadt treffen, kann niemand mehr mit seinem christlichen Glauben angeben. Umweltschutz und soziales Engagement ist die neue Religion. Die Versuchung ist deshalb groß, Engagement für Umweltschutz und Soziales zu heucheln, um sich gut und moralisch überlegen zu fühlen, Sozialprestige zu gewinnen, und kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, wenn man mit einem dicken Geländewagen einkaufen fährt und vom dem Geld anderer Leute lebt. In dem modernen Zeiten hat der Umweltschutz und das soziale Engagement die Religion abgelöst, dementsprechend ist der Gutmensch die moderne Form des Pharisäers.

Ich hätte einen anderen Vorschlag für das Unwort des Jahres 2015: Arschloch.
Zur Begründung muss ich erst etwas ausholen. Nach den sexuellen Übergriffen zu Silvester in Köln, die größtenteils von Menschen mit nordafrikanischer oder arabischer Herkunft ausging, hat der CDU-Generalsekretär Tauber korrekt das Verhalten der Gutmenschen auf Twitter vorhergesagt: "Wo bleibt denn der #Aufschrei? Bei Dirndlwitzen Maulhelden überall. Aber nun betretenes Schweigen."
Die Gutmenschen-Blogs blieben auch still, bis auf einen Facebook-Account. Der hatte ein Bild geliked, wo ein Fresszettel abgebildet war, auf dem inhaltlich nichts stand außer ein paar Mal das Wort Arschloch. Es ist ein typisches Muster der Gutmenschen, das sobald sie nicht mehr weiter wissen, immer die Totschlag-Keule "Arschloch" oder "Nazi" raus holen. Die Verwendung dieses Wortes führt immer dazu, dass Niveau eines Meinungsaustausches sofort von einer rationalen Ebene auf eine niveaulose Beleidigung herabfällt. Deshalb sollte dieses Wort zu einem Unwort werden.

Als ich dieses Wort Arschloch auf Facebook gelesen habe, habe ich mich gefragt, wo jetzt die von der Politik gewünschte Facebook-Zensur bleibt. Mir fällt dazu immer ein Bild ein, auf dem der 24-jährige Facebook-Chef Zuckerberg bei einem Staatsbankett wie ein Milchbubi neben Angela Merkel steht und verlegen auf den Boden schaut. Die dazu passende Bildunterschrift ist: "Ja Mutti, du kriegst deine Zensur". Aber vielleicht habe ich das mit der Facebook-Zensur auch falsch verstanden, denn in der New York Times (Link) wird diese Facebook-Zensur wie folgt beschrieben: "But the German government still seems more concerned about policing restless natives — most recently through a deal with Facebook and Google to restrict anti-immigrant postings — than with policing migration".