Sonntag, 18. November 2018
Warum müssen manche Leute immer Motzen? – Teil 2
Diesen Sommer bin ich von einer Berghütte abgestiegen, als mir drei Wanderer entgegenkamen. Der Mann hat laut zu seinen zwei Begleiterinnen gesagt: "Schaut euch mal diesen Deppen an. Was der für einen riesigen Rucksack mitschleppt. Die Leute sind zu blöd zum Rucksack packen".

Mein Rucksack sah ziemlich voll aus, doch das hatte gute Gründe. Ich war zehn Tage in den Bergen von Hütte zu Hütte unterwegs, und dafür benötigt man einfach mehr als wenn man nur für ein verlängertes Wochenende auf eine Hütte geht. Weiterhin bin ich auch noch ein paar Klettersteige gegangen, und die Klettersteigausrüstung benötigt auch ihren Platz. Normalerweise verstaue ich den Helm platzsparend im Rucksack, das heißt ich fülle den Innenraum des Helms noch mit Socken aus. Da ich aber an diesem Tag aber nur noch einen kurzen Abstieg von der Hütte vor mir hatte, habe ich alles nur noch schnell und wenig platzsparend in den Rucksack geworfen.

Neben meiner normalen 1-Liter-Trinkflasche hatte ich noch eine leer 1,5-Liter-Pet-Flasche im Rucksack. Auf diesen Hütten im Steinernen Meer gab es kein Trinkwasser, weshalb man auf den Hütten das Trinkwasser für die Tour in Form dieser 1,5-Liter-Pet-Flaschen kaufen musste. Da ich nur einen kurzen Hüttenabstieg vor mir hätte, habe ich diese leere 1,5-Liter-Flasche einfach lose in den Rucksack geworfen. Dies konnte dieser Motzkopf alles nicht wissen.

Wenn ich auf eine Bergtour gehe, nehme ich eine Packliste zur Hand. Diese Packliste habe ich über die Jahre hinweg optimiert. Jedes Mal, wenn ich von einer Bergtour zurückkomme, packe ich den Rucksack aus und prüfe, ob ich eventuell etwas Unnötiges mitgeschleppt habe und was ich vermisst habe. So habe ich meine Packliste nach und nach optimiert.

Diese Packliste unterliegt Wellenbewegungen. Manchmal kommt man von einer Bergtourenwoche zurück und stellt fest, dass noch ein paar unbenutzte Socken im Rucksack liegen, weshalb man das nächste Mal weniger Socken mitnimmt. Und dann kann es wieder passieren, dass es zu Anfang einer Bergtour jeden Tag regnet, und jeden Tag seine durchnässte Socken wechseln muss, so dass gegen Ende die Socken knapp werden. Dann nimmt man das nächste Mal wieder mehr Socken mit.

Die vom Alpenverein herausgegebene Packliste empfiehlt, dass man selbst für normale Bergwanderungen in den österreichischen Alpen Handschuhe und Mütze mitnimmt. Diese Ausrüstungsgegenstände habe ich mir immer gespart. Wenn es regnet oder kalt wird, packe ich die Stöcke weg und fahre die Hände ein, so dass sie unter den langen Ärmeln der Goretex-Jacke geschützt sind. So hat dies für mich immer gut funktioniert – normale Handschuhe halten sowieso nicht lange dem Regen stand, bevor sie durchnässt sind. Nur auf einer von vielleicht hundert Touren habe ich Handschuhe vermiss. An diesem Tag war die Schneefallgrenze auf 1500 Meter abgesunken, und ich bin bei leichtem Schneefall zur nächsten Hütte gelaufen. An diesem Tag wollte ich zur nächsten Hütte, da ich ansonsten einen Hüttenkoller bekommen hätte, wenn ich den ganzen Tag auf der öden Hütte rumgehockt wäre. Bei dieser Tour musste ich die Stöcke zur Hilfe nehmen, weil der Schnee die vielen schräg liegenden Steine auf dem Weg verdeckt hat. Bei diesen kalten Bedingungen wären Handschuhe sehr hilfreich gewesen. Doch ich wusste mir zu helfen: anstatt den Handschuhen habe ich einfach dicke Bergsocken über die Hände gezogen. Der Grund, warum ich normalerweise keine Handschuhe und Mütze mitnehme, ist nicht so sehr das zusätzliche Gewicht, sondern, dass es keinen guten Platz im Rucksack dafür gibt. In dem Deckelfach ist sowieso so viel Kleinzeug wie z.B. Geldbeutel, Handy, Proviant, Papiertaschentücher, Sonnenschutzmittel, Stirnlampe usw. Auf die Dauer ist es einfach nervig, sich immer an den Handschuhen vorbei wühlen zu müssen, wenn man die Sonnencreme sucht.

Die Frage, ob man eine Softshelljacke mit nimmt oder nicht, ist auch ein schwieriges Thema. Ich selbst bin kein Fan von diesen Softshelljacken, da ich sowieso schon einen Fleece-Pullover dabei habe, der sehr warm gibt, und gleichzeitig sehr leicht ist. Eine Softshelljacke bringt kaum zusätzliche Wärme, wiegt aber viel. Oft bin ich nach einer Woche in den Bergen zurückgekommen, und habe mich geärgert, die ganze Zeit das Gewicht der Softshelljacke mitgeschleppt zu haben, ohne sie nur einmal zu benötigen. Dann gibt es wieder Situationen, wo man abends vor der Hütte sitzt und den Sonnenuntergang geniest, und dabei um die Softshelljacke froh ist. Bei schlechtem Wetter kann die zusätzliche Wärme durch die Softshelljacke auch Sicherheit bedeuten. Und an Sicherheit spare ich grundsätzlich nicht, deshalb habe ich meistens diese Softshelljacke dabei.

Mittlerweile gibt es Softshelljacken, die 100 Gramm leichter sind als meine. Diese modernen Jacken kosten dann aber auch gleich 200 Euro. 200 Euro Ausgaben, um 100 Gramm zu sparen, sind ein sehr ungünstiges Verhältnis. Ein Freund von mir sagte mal so schön: da sollte man lieber anfangen, an den kiloschweren Speckring rund um dem Bauch ran zu gehen.

Bei dem Kauf meines 45-Liter-Rucksacks habe ich darauf geachtet, dass er auch für Hochtouren geeignet ist, d.h. es muss die ganze Hochtourenausrüstung wie Gurt, Helm, Pickel, Steigeisen usw. reinpassen. Theoretisch könnte ich mir jetzt speziell für Mehrtageswanderungen von Hütte zu Hütte einen weiteren Rucksack kaufen, der etwas kleiner ist. Solange ich kein Helm und Klettersteigset mitnehme, würde mir eine Rucksackgröße von 35 bis 40 Liter genügen. Die aktuellen Rucksackmodelle sind sowieso nochmal etwas leichter als mein 10 Jahre alter Rucksack. So könnte ich nochmal zu einem Preis von 200 Euro 200 Gramm sparen. Dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis ist für mich aber zu ungünstig, weshalb ich lieber trainiere und darauf achte, nicht zu viel Speck rund um die Hüften mitschleppen zu müssen.

Ich selbst gebe nicht ungefragt Ratschläge. Wenn ich auf einer Hütte nach der Länge oder Schwierigkeit einer Tour gefragt werde, gebe ich gerne Auskunft, aber ich belehre niemanden, um mich selbst aufzuspielen. Nur einmal habe ich jemanden ungefragt einen Ratschlag gebeten: dieser Wanderer hatte in aller Gemütsruhe an einer steinschlaggefährdeten Stelle Rast gemacht. Für meinen Hinweis, die Pause besser hundert Meter weiter zu machen, war er dann dankbar. (Das folgende Bild zeigt eine ähnlich steinschlaggefährdete Stelle, nur mit dem Unterschied, dass dort ein Warnschild angebracht wurde. Den steilen Felsüberhang, von dem aus die Steine auf diesen Rastplatz fallen können, sieht man auf diesem Bild nicht.)




Nach einer langen Exkursion über Wandern und Ausrüstung möchte ich wieder zum Kern der Frage zurückkommen: welche Motivation bringt die Leute dazu, so zu reden?

In der Theorie sollte eine Kommunikation ja dazu dienen, dass sie entweder dem Empfänger oder dem Sender nutzt. Bienen kommunizieren beispielsweise mit den anderen Bienen in ihrem Volk, um sie über die Position einer Nahrungsquelle zu informieren. Ich habe einen anderen Wanderer vor der Steinschlaggefahr gewarnt, und ihm so geholfen.

So betrachtet sind Motzereien eigentlich sinnlos, und werden nur erzeugt, damit man sich selbst moralisch überlegen fühlen kann.