Sonntag, 31. Januar 2016
Wie die AFD ans Kreuz genagelt wird
Der Spitzenkandidatin der AFD wurde folgende Frage gestellt: Wie wollen sie denn Grenzkontrollen realisieren, wenn Flüchtlinge einfach zu Hunderten über einen Zaun stürmen? Sollen die Grenzbeamten etwa auf Menschen schießen?

Der CDU-Politiker Schäuble war früher Bundesinnenminister und in dieser Rolle auch für die Grenzsicherung zuständig. Wie hätte denn damals Schäuble auf diese Frage geantwortet? In seiner Zeit als Innenminister ist er dadurch in Erinnerung geblieben, dass er ständig den Einsatz der Bundeswehr im Inneren gefordert hat, ohne dass es einen Anlass für diese Diskussion gab. Im Jahr 2007 hat er eine Grundgesetzänderung gefordert, damit zur Not auch Passagiermaschinen abgeschossen werden können, auch wenn 200 unschuldige Menschen dabei sterben würden. Wie so eine Antwort von der CDU aussehen könnte, wenn man beide CDU-Denkmuster miteinander kombiniert, darf man sich überhaupt nicht vorstellen.

Grundsätzlich ist die Staatsgewalt aufgeteilt in Legislative, Executive und Judikative. Die Legislative macht die Gesetze und die Executive überwacht die Einhaltung. Punkt. Noch vor ein paar Jahren wäre eine Diskussion in der Form „Aber die Executive kann sich nicht durchsetzen, deshalb brauch die Legislative auch keine Gesetze mehr machen“ vollkommen undenkbar. Für mich ist es ein besorgniserregendes Anzeichen von Staatsversagen, dass nun solche Diskussionen überhaupt aufkommen.

Meine Antwort auf diese Frage wäre, dass die Grenzbeamten zur Not auch Tränengas und Wasserwerfer, aber keine Schusswaffen einsetzen dürfen. Im Unterschied zu Stuttgart-21-Demos halte ich in diesem Fall den Wasserwerfereinsatz auch für gerechtfertigt, da der Wasserwerfereinsatz nur Personen treffen würde, die die Aufforderungen der Polizei ignorieren und mit roher Kraft einen Grenzzaum erstürmen. Ein solcher Wasserwerfereinsatz ist auch durch die Gesetze gedeckt. In bestimmten Fällen kann ein solcher Wasserwerfereinsatz sogar zur gesetzlichen Pflicht werden, wenn der Staat ansonsten die Kontrolle verlieren würde.

Diese Fangfrage an die AFD erinnert mich an eine Bibelstelle:

Sie hofften nun, Jesus zu einer Äußerung verleiten zu können, die sich gegen ihn verwenden ließe, und schickten deshalb einige Pharisäer und einige Anhänger des Herodes zu ihm, die ihm folgende Frage vorlegten: »Meister, wir wissen, dass es dir nur um die Wahrheit geht und dass du nicht nach der Meinung der Leute fragst; denn du lässt dich von keinem Menschen beeinflussen, wie angesehen er auch sei. Wenn du lehrst, wie man nach Gottes Willen leben soll, lässt du dich allein von der Wahrheit leiten. Ist es nun richtig, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie ihm geben oder nicht?« Jesus war klar, dass das alles nur Heuchelei war, und er sagte zu ihnen: »Warum stellt ihr mir eine Falle? Reicht mir eine Silbermünze; ich will sie mir ansehen.« Sie gaben ihm eine. »Wessen Bild und Name ist darauf?«, fragte er. Sie antworteten: »´Das Bild und der Name` des Kaisers.« Da sagte Jesus zu ihnen: »´Dann` gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und gebt Gott, was Gott gehört!«

Manche AFD-Politiker sind schon ziemlich doof. Diese AFD-Politikerin ist auf diese Fangfrage der Pharisäer hereingefallen und hat in ihrer Antwort den Begriff Schusswaffeneinsatz erwähnt. Darauf schienen schon alle gewartet zu haben, damit sie ihre eingeübten Empörungsrituale aufführen können. Seltsamerweise gab es nicht so viel Empörung, als damals Schäuble gefordert hat, zur Not auch eine Passagiermaschine mit 200 Menschen an Bord abzuschießen.

Die AFD hat es halt schwieriger als die Linkspartei (inklusive den Grünen). Die Linken können einfach doof sein und jede Frage damit beantworten, dass der Staat halt einfach ein paar zehn Milliarden Euro Steuergeld mehr ausgeben soll. Damit können die Linken jedes Problem im Handumdrehen lösen, ohne Nachdenken zu müssen oder sich moralischen Dilemmas zu stellen.

Nachtrag: Mir ist noch eingefallen, dass ich für die Bibelunkundigen die oben zitierte Bibelstelle erklären sollte. Schon seit Anfang der jüdischen Geschichtsschreibung haben sich die religiösen Führer der Juden mit den weltlichen Herrschern über die Verteilung der Steuereinnahmen gestritten. Der ägyptische Pharao bestand darauf, dass die Juden genau so viel Steuern an den Pharao abführen wie alle anderen Bürger auf. Die Juden wollten und konnten nicht doppelt Steuern zahlen. Deshalb hat Moses den Pharao mit der Forderung aufgesucht, dass der Pharao die Steuereinnahmen, die er von den Juden erhält, an ihn weitergibt. Dieser Kampf um Geld und Macht hat erst zu ein paar Terroranschlägen und später zum Auszug aus Ägypten geführt.

Dieser Streit um das Steuergeld ging zu Jesus Zeiten weiter. Die römischen Besatzer wollten von den Juden Steuern, und die Pharisäer als damals stärkste Partei in Israel wollten, dass die Juden die Steuern an die Pharisäer und nicht an den römischen Kaiser Herodes zahlen. Damals hat der römische Kaiser einfach alle politischen Hetzer, die dazu aufgerufen haben, keine Steuern an den Kaiser zu zahlen, gekreuzigt.

Diese Ausgangssituation haben die Pharisäer ausgenutzt, als sie die hinterhältige Fangfrage an Jesus gestellt haben: Du sagt, dass Gott groß ist. Also muss Gott über dem Kaiser stehen, und deshalb müssten die Steuern an Gott anstatt den Kaiser gezahlt werden, oder? Hätte Jesus diese Frage der Pharisäer bejaht, wäre er von den Römern sofort gekreuzigt worden. So konnte Jesus noch eine Weile lehren, bevor die Pharisäer am Ende doch gesiegt haben.

 
Die Exekutive überwacht nicht die Einhaltung der Gesetze, sie setzt diese durch und führt diese aus. Ich weiß, was du wahrscheinlich meintest könnte aber bei Leuten, die sich mit dem Thema noch har nicht befasst haben, für Missverständnisse sorgen. Als "Überwacher" könnte man eher die Judikative bezeichnen, da diese unter anderem die Rechtmäßigkeit von Handlungen der Exekutive überprüft.

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