Sonntag, 3. April 2011
Über meine Tante
Wenn man sich vorstellt, dass man in einem kleinen Ort aufwächst, wo die Tante mit ihren beiden Kindern 500 Meter entfernt wohnt, stellt man sich das erst einmal ganz romatisch vor. Das war es aber nicht, für mich war ein Besuch bei der Tante immer lästig. Ich war als Kind nur bei der Tante, wenn meine Eltern mal länger etwas erledigen musste, und jemand nötig war, der auf das Kind aufpasst. Das war zum Glück eher selten der Fall.

Einmal bin ich nur durch die Haustür, und dann fing schon das Gemecker an: "Wer ist denn hier mit seinen schmutzigen Schuhen über den Teppich gelaufen". Dann fing die Tante an, demonstrativ in gebückter Haltung den Teppich abzusuchen. Das Profil meiner Turnschuhe enthielt wohl etwas Dreck, aber was konnte ich denn als Kind dafür? Und muss man deswegen gleich so ein Theater veranstalten?

Oft habe ich dann meinen fünf Jahre älteren Cousin angetroffen, der irgendwo rumgelümmelt ist, sich Lausbubenstreiche ausgedacht hat oder sich gelangweilt hat. Für den war ich manchmal ein willkommener Besuch. Manche Jungs in seinem Alter spielen gerne Fußball, er hat gerne Kleinere getriezt.
Das konnte er auch wirklich gut. Einmal haben wir verstecken gespielt. Dann kam er in das Zimmer und hat so lange irgendein Blödsinn erzählt, dass man durch Lachen sein Versteck verraten hat.

Selbst seine jüngere Schwester blieb nicht verschont. Wenn sie auf dem Klavier geübt hat, ist er von hinten an sie herangeschlichen und hat sie durch einen überraschenden Griff ans Genick erschreckt. Damit der Schreck auch wirklich wirksam ist, hat er seine Hand vorher im Gefrierfach gekühlt. Man stelle sich nur vor, man übt nicht Böses denkend am Klavier, und dann packt einem plötzlich eine eiskalte Hand am Genick. Dieser Cousin ist dann später Polizist geworden.

Meine Tante hat alle Frechheiten meines Cousins immer durchgehen lassen. Wenn ich das Gleiche gemächt hätte wie mein Cousin, hätte ich gleich eine Ohrfeige bekommen; danach wäre meine Mutter angerufen worden, um ihr mitzuteilen, dass ihr Sohn ein ungezogener Bengel ist. Diese ungleiche Behandlung hat bei meiner Tante System, und dieses System nennt man auch "Messen mit zweierlei Maß". Für die Familie meiner Tante wurde ein Maß verwendet, und für meine eigene Familie ein anderes Maß. Deshalb bin ich mit meiner Tante nie richtig warm geworden, sondern ich war froh, wenn die lästigen Pflichtbesuche vorbei waren.

Samstag, 12. Februar 2011
12 Schwäne
Auf der heutigen Samstag-nachmittäglichen Fahrradtour habe ich 12 Schwäne gesehen.

Das war zwar nicht so gut wie die 67 Störche, die ich letztes Jahr gesehen habe, doch bin ich diesmal schnell nach Hause geradelt um den Fotoapparat zu holen. In der Zwischenzeit ist zwar die Sonne hinter einer Wolkendecke verschwunden, dennoch kann sich das Ergebnis sehen lassen:


Der folgende Bildausschnitt gefällt mir auch sehr gut:


Heute morgen sah ich beim Joggen einen Jäger auf einem Hochsitz.
Ich: Guten Morgen. Eine Frage: haben Sie das Jagdgebiet eigentlich ordentlich abgesperrt?
Jäger: Ja, das komplette Gebiet ist mit rot-weißen Bändern abgesperrt.
Ich: Das kann nicht sein, auf dem Weg, den ich genommen habe, war keine Absperrung. Haben Sie vielleicht nur die Forstwege und nicht die Wanderwege abgesperrt?
Jäger: Nein, nein, wir haben alles abgesperrt. Aber vielleicht hat das auch jemand weggerissen.
Ich: Der Wanderweg, von dem ich kam, war wirklich nicht abgesperrt, da bin ich mir ganz sicher. (Und selbst wenn noch Reste von abgerissenen Absperrbändern herumgehangen wären, wäre mir dies aufgefallen)
Jäger: Wir schauen halt hin, bevor wir schießen. Schnaufen Sie halt ordentlich weiter, dann können wir Sie schon von einem Wildschwein unterscheiden.
Ich: Dann ein schönen Tag noch.

Nachtrag:
Am Sonntag ist mir bei mehr Sonnenschein noch ein etwas schöneres Bild gelungen. Die Schwäne waren immer noch an der gleichen Stelle:

Samstag, 18. Dezember 2010
Die Maulkorb-Republik
Gerade lese ich Hans-Olaf Henkels Buch "Rettet unser Geld". In dem ersten Kapitel des Buches "Die Maulkorb-Republik" spricht er aus, was ich schon länger fühle. Nämlich dass unerwünsche Meinungsäußerungen wie z.B. die von Sarrazin auf allen Kanälen gemeinschaftlich lächerlich gemacht werden. Dabei findet keine ehrliche Prüfung der Argumente statt, sondern einfach ein Mobbing durch Sprüche wie z.B. "der will doch eh nur provizieren" oder "der hat sowieso keine Ahnung". Die ZEIT hat es dabei fertig gebracht, ständig seitenlange Artikel gegen Sarazin zu schreiben, aber dabei nie den Inhalt dieses Buches zu erwähnen.

Bei dieser Meinungsmache ist die ZEIT ganz vorne mit dabei. Anderes Thema, gleiches Spiel: In einem aktuellen Artikel in der ZEIT wird betrachtet, warum kein Investor jetzt griechische Staatsanleihen auch nur mit der Kneifzange anfaßt, obwohl diese doch gerade so günstig zu haben sind. Warum irren sich bloß weltweit alle Investoren? Die Verwalter großer Vermögen sind doch hochintelligent, haben Wirtschaft studiert und den ganzen Tag Zeit, wirtschaftliche Daten zu analysieren.Die ZEIT gibt dazu die Antwort: weil sich alle diese Investoren komplett irren. In diesem Artikel wird einfach unterstellt, dass die Euro-Romantiker mit ihrer Hoffnung auf den Euro recht behalten werden. Den Autor dieses Artikels sollte man dazu verdonnern, sein ganzes Geld in 30-jährige griechische Staatsanleihen zu stecken und zu warten, bis das Geld in 30 Jahren zurückgezahlt wird oder Griechenland die Forderungen auf die Hälfte reduziert. Ich glaube kaum, dass einer dieser den Euro predigenden Politiker so dämlich wäre, sein ganzes Geld in griechische Staatsanleihen zu stecken. In der ZEIT kommen nur die Euro-Romantiker zu Wort, die den Euro um jeden Preis wollen, egal was es den deutschen Steuerzahler kostet.

Eine andere starke Einseitigkeit in der ZEIT fällt bei Stuttgart 21 auf. Über Blogs findet man ein Interview eines pensonierten Richters aus Stuttgart. In diesem Interview berichtet er, wie er nach einem Einkauf in der Innenstadt zur Demonstration gegangen ist, um sich das einmal selbst anzuschauen. Dann wurde er ohne Vorwarnung direkt von einem Wasserwerfer getroffen. Der Richter sagt dann ganz ruhig und seriös, dass dieser Polizeieinsatz unangemessen war und dass er deshalb Strafanzeige stellen wird.
Solche Berichte werden von der ZEIT totgeschwiegen. Eine Meldung in der ZEIT über den Demonstrant, der durch den Wasserwerfereinsatz zu erblinden drohte, ist kaum vorstellbar. Statt dessen wird eine Gruppe von Protestanten porträtiert, bei denen ausser vielen minderjährigen Abiturienten nur noch ein Zeitarbeiter dabei ist. Der Zeitarbeiter sagt in dem Artikel, dass er zur Demonstration gegangen ist, obwohl er bei seiner Firma krank gemeldet war. Man kann sich ja auch erst eine Meinung bilden und sich dann die Meldungen zusammensuchen, die zu der eigenen Meinung passen.

Auch beim Thema Internet steht die von der ZEIT propagierte Meinung im krassen Gegensatz zu meiner eigenen. Die ZEIT schreit ständig "Zensur", wenn es um die Internetzensur von oppositionellen Gruppen in China geht. In Deutschland dagegen muss das gleiche technische Internetzensursystem dagegen unbedingt eingeführt werden - angeblich um die Verbreitung von Kinderpornos zu stoppen. Genauso sind die Wikileaks-Macher für die ZEIT illegale Aktivisten, die zensiert werden sollten. Würden die gleichen Leute aber das gleiche in China machen, und dabei chinesische Geheimnisse anstatt westliche Geheimnisse aufdecken, würde die ZEIT sich gleich wieder für die Presse- und Meinungsfreiheit in China einsetzen.

Donnerstag, 25. November 2010
Manche Dinge erledigen sich einfach von alleine
Zum Beispiel wollte mich mein aktueller Auftraggeber nach dem 17.12. in den Zwangsurlaub senden, da er für die Zeit danach kein Budget eingeplant hatte. Der Kunden-Manager meiner Firma hat deshalb alle Software-Entwickler bei diesem Kunden angewiesen, sich diesbezüglich mit ihren jeweiligen Vorgesetzten in Verbindung zu setzen. Das heißt ich hätte zu meinem Chef dackeln müssen und sagen: "Chef, ich habe nach dem 17.12. nichts mehr zu tun." Dann hätte der wohl erst geantwortet "jetzt überleg mal selbst was du in dem Zeitraum tun könntest, kümmere dich doch mal selbst darum", oder er hätte mich gleich ohne ein solches Vorspiel in den Zwangsurlaub geschickt. Ich habe aber überhaupt kein Interesse daran zwischen den Jahren 10 bis 15 Urlaubstage zu verpulvern, mit denen man nichts Sinnvolles anfangen kann. Im Sommer kann ich mit 5 Urlaubstagen eine tolle Woche in den Bergen verbringen, um Weihnachten herum, wo die Zeit noch nicht zum Skifahren reif ist, bzw. alles überfüllt ist, kann man die gleichen 5 Tage einfach so zu Hause verplempern, ohne etwas davon zu haben.
Ich habe mich damals dafür entschieden, nicht gleich mit meinem Chef eine heiße Diskussion über diesen Zwangsurlaub zu beginnen, sondern erst einmal abzuwarten.

Ein paar Wochen später ist nun der Kunde gekommen und hat gefragt, ob es nicht doch möglich wäre, die erste Woche vor Weihnachten zu arbeiten, da ein wichtiger Termin Anfang nächsten Jahres gehalten werden muss.
Und jetzt kommt auch wieder der Kunden-Manager meiner Software-Firma und schreibt: "ich weiß, dass die Meisten schon Urlaub geplant haben, weil sie dazu aufgefordert wurden, aber überlegt bitte, ob ihr nicht doch noch zwischen den Jahren arbeiten könntet, damit würdet ihr einiges für die Company tun". (Dies ist der übliche Jahresendspurt, bei dem es darum geht, kurz vor Jahresende noch irgendwo ein paar Euro rauszuquetschen.)

Es war also doch gut, nicht gleich zum Chef zu gehen und dort eine große Diskussion über den Zwangsurlaub ab dem 17.12. zu starten.
Hätte ich dies getan, wäre ich jetzt meinem Chef als der unwillige Mitarbeiter in Erinnerung geblieben, mit dem man immer so lange Diskussionen hat. Jetzt konnte ich dagegen auf die Frage meines Chefs, warum ich denn zwischen den Jahren noch keinen Urlaub geplant hatte, antworten: "bevor ich die Chance hatte, mir Gedanken über die Urlaubsplanung zu machen, hat mich der Kunde dazu verpflichtet, zwischen den Jahren zu arbeiten."

In diesem Zusammenhang kann ich auch gleich noch ein anderes Beispiel nennen:
Ich wurde in der letzten Weihnachtswoche zu einem Workshop meiner Software-Firma eingeladen, auf den ich keine Lust hatte, da er für mich keinen Sinn machte. (Auf diesem Workshop sollte erarbeitet werden, wie die Zusammenarbeit mit dem Kunden verbessert werden sollte. Dieser Workshop hätte für die Kollegen von mir Sinn gemacht, die den ganzen Tag in Meetings sitzen und mit vielen verschiedenen Leuten sprechen. Für mich als Software-Entwickler, der immer nur einen festen Ansprechpartner beim Kunden hat, hätte dieser Workshoop keinen Sinn gemacht. Ich wäre nur im Workshop gehockt und zum Schluss hätte es gehießen, dass ich nichts beigetragen habe.) Erst habe ich überlegt, wie ich elegant meine Teilnahme an dem Workshop absagen kann. Danach habe ich gedacht, dass es das Beste wäre einfach mal abzuwarten. Nun kam eine E-Mail von meiner Firma, in der steht, dass der Workshop abgesagt wird, um kurzfristig vor Jahresende nochmal die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zu optimieren.
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Samstag, 30. Oktober 2010
Teammeeting mit meinen IT-Consulting-Kollegen
Gestern hatte ich Abteilungsmeeting mit meinen Kollegen.
Nach dem Abteilungsmeeting und etwas Grillfleisch standen wir um einen Stehtisch zusammen.
Ein Kollege fing an zu erzählen: Du kennst doch die Autobahn zwischen Ulm und Kempten. Dort gibt es in einer Kurve eine Kuppe. Wenn man dort mit 250 über die Kuppe fährt, hebt man ab und landet dann erst, wenn man einen Meter neben der Spur ist. Dass dort kein Warnschild aufgestellt ist, aber jetzt kenn ich ja die Strecke.
Ein anderer Kollege führte das Thema fort: Ich war vorher immer meinen Ford Mustang mit 300 PS gewöhnt. Mit meinem neuen 500 PS-Auto bin ich letzt bei Dunkelheit und Regen durch eine auf 80 km/h begrenzte Autobahnbaustelle. Am Ende der Baustelle habe ich wie gewohnt in den vierten Gang geschaltet und Gas gegeben. Dann sind aber die Räder durchgedreht und ich bin ganz schräg gedriftet. Der Autofahrer neben mir ist erschrocken und hat viel Abstand gehalten. Aber für mich das dieser Drift kein Problem, ich fahre ja jedes neue Auto ein und kann damit umgehen.
Ein dritter Mitarbeiter konnte da nicht mithalten: Ich habe als Dienstwagen nur einen 320d (Höchstgeschwindigkeit 225 km/h).
Bei diesem Gespräch viel es mir schwer, mich zu beteiligen. Ich konnte ja schlecht ergänzen, dass ich mit meinem zehn Jahre alten Golf auf der Autobahn normalerweise nicht schneller als 150 fahre. In dem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich zu den Kollegen nicht passe.

Und dann wurde zum wiederholten Male diese lustige Anekdote wiederholt: Martin hatte gerade ein anstrengendes Projekt, das mit sehr vielen Überstunden und Nächten in schlechten Hotels verbunden war. Einmal ist er auf der mehrstündigen Anreise im Zug eingeschlafen und dabei mit dem Kopf nach vorne auf eine Kante gekippt. Danach ist er nicht sofort aufgewacht, weshalb seine besorgten Mitreisenden einen Krankenwagen zum nächsten Bahnhof bestellt haben. Auf dem Weg zum Krankenhaus hat er kurz seinen Projektleiter angerufen. Es wird anschaulich geschildert, wie der Projektleiter, der gerade in einem Meeting saß, weiß wurde und sich sorgen um den knappen Projekttermin gemacht hat. Zwei Stunden später hat Martin wieder angerufen: es kann wieder weiter gehen, ich sitze wieder im Zug. Sogar das Zugticker war noch gültig.

Ich bin da irgendwie anders als meine Kollegen, Ich bin keiner, der Hurra schreit, wenn er neben einem 45-Stunden-Projekt und ein paar weiteren Stunden Fahrzeit noch Abends und am Wochenende an einem Angebot für einen anderen Kunden schreiben soll. Dies ist ein Grund dafür, warum ich in einer IT-Consulting-Firma keine Führungskarriere machen werde.
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