Sonntag, 17. Januar 2016
Die Internetzensur in Deutschland wird kommen
Jeder Staat hat ein starkes Interesse daran, die Meinung seiner Bürger zu steuern. In Deutschland redet man verächtlich über die Internetzensur in China, wo gezielt oppositionelle Gruppen oder politisch ungewollte Themen wie z.B. das Tian’anmen-Massaker zensiert werden. Facebook ist in China gleich komplett gesperrt. Die Google-Suche ist dagegen in China erreichbar, dafür musste Google bestimmte Suchbegriffe zensieren. Facebook hat daraus wohl gelernt, dass es besser ist, die Zensurwünsche eines Staates zu akzeptieren und umzusetzen, als den Umsatz in diesem Staat komplett zu verlieren. Im Prinzip ist der Zensurwunsch durch den deutschen Staat nichts anderes als die Zensur in China, nur dass die Zensur in China immer als Böse dargestellt wird, wohingegen die Zensur in Deutschland gut ist und einem guten Zweck dient.

Der Staat hat ein so großes Interesse an der Zensur, dass er damit einfach irgendwann erfolgreich sein wird. Selbst wenn die Zensurwünsche in einem Jahr von den Bürgern abgewehrt werden können, wird es der Staat im nächsten Jahr mit einer anderen Begründung wieder versuchen, und irgendwann erfolgreich sein.

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als man jeden Tag von Neuem in der Zeitung lesen konnte, dass Terroristen Bombenbauanleitungen aus dem Internet herunterladen, und deshalb möglichst schnell die Bombenbauanleitungen zensiert werden müssen, um den nächsten Terroranschlag zu verhindern. Man hatte das Gefühl, dass wenn man jetzt nicht sofort morgen diese Internetseiten zensiert, übermorgen ein Terrorist mit Hilfe dieser Bombenbauanleitung einen Terroranschlag verübt. Dieser Zensuranlauf wurde von der Netzgemeinde vehement abgewehrt. Wenn man nun die paar Jahre zurückblickt, die seit diesem Zensuranlauf vergangen sind, wird man sich an einige Terroranschläge erinnern können, aber bei keinem Terroranschlag hat eine Bombenbauanleitung aus dem Internet eine Rolle gespielt. Ein Faktor bei diesen Terroranschlägen war, dass die Terroristen sich als Flüchtlinge ausgeben konnten und mit gefälschten Pässen in Europa einreisen und quer durch Europa reisen konnten, ohne auch nur einmal kontrolliert zu wären. Auf die Idee, deswegen Passkontrollen einzuführen, wäre wegen diesem Terroranschlag aber niemand gekommen.

Im Jahr 2009 gab es in Deutschland den nächsten Anlauf zur Internetzensur: Eine naive Promi-Ehefrau wurde vorgeschickt, um der Presse täglich zu erzählen, dass sie sich gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern engagiert und deshalb eine Internetzensur erforderlich ist, um die Verbreitung von Kinderpornografie zu verhindern. Dieser Zensuranlauf wurde von der Netzgemeinde intensiv bekämpft. Nach dieser intensiven Kampagne ist es plötzlich still geworden um Kindesmissbrauch. Es kamen ein paar reale Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche auf, doch die Aufklärung verlief sehr schleppend und die Täter wurden oft nicht bestraft, sondern nur versetzt. Gegen den wirklichen Kindesmissbrauch sollte man meiner Meinung nach intensiver vorgehen, die Kinderpornografie im Internet war dagegen nur ein durchschaubarer Vorwand.

Nun läuft der nächste Anlauf zur Internetzensur. Diesmal ist die Begründung, dass politische Hetze unterbunden werden soll. Bei diesem Argument knickt die eher linke Netzgemeinde plötzlich ein, und gibt den Kampf gegen die Internetzensur auf, den sie doch seit 2009 so intensiv geführt hat. Ich kann diese politisch eher links eingestellte Netzgemeinde nicht mehr ernst nehmen. Jahrelang wehrt sie erfolgreich mehrere Zensuranläufe, die mit dem Kampf gegen Terrorismus und Kindesmissbrauch begründen wurden, erfolgreich ab, und jetzt plötzlich bleibt der Aufschrei aus.

Facebook hat auch aus China gelernt, und setzt lieber proaktiv die Zensurwünsche des deutschen Staates um. Dazu stellt Facebook 100 Zensoren ein, die von einer Tochtergesellschaft des Bertelsmann-Konzerns kommen. Ich sehe darin eine problematische politische Ausrichtung – die Chefin dieses Konzerns ist die milliardenschwere Liz Mohn, welche angeblich eine Freundin von Angela Merkel ist und gern mit ihr Kaffee trinkt, weshalb die ganze Bertelsmann-Presse schon immer durch eine hohe Regierungsnähe aufgefallen ist.

Wenn die Facebook-Zensoren wenigstens Juristen im Staatsdienst wären, könnte man hoffen, dass diese Zensoren nach einem Gesetz handeln. Aber bei Leuten, die früher Zeitschriften-Abos am Telefon verkauft haben, und nun im Auftrag einer regierungsnahen Presse umgeschult werden, habe ich so meine Zweifel.

Aus meiner Sicht verstößt diese geplante Facebook-Zensur gegen das im Grundgesetz definierte Recht auf freie Meinungsäußerung. Das Gesetz kennt jetzt schon Straftatbestände gegen Verleumdung, Holocaust-Leugnung usw., weshalb ich keinen Bedarf für eine Gesetzesänderung sehe. Die Formulierung, dass politische Hetze in Facebook zensiert werden soll, finde ich zu schwammig. Der Begriff „politische Hetze“ kann ja vom Zensor nach Belieben so interpretiert werden, dass alles, was nicht der Linie der Regierung entspricht, als politische Hetze definiert wird. Mit dem Begriff „politische Hetze“ könnte ja auch China begründen, warum viele oppositionelle Gruppen zensiert werden.

Die Politik beschwert sich ja immer über das mangelnde politische Interesse der Bürger. Nur wenn sich der Bürger mal interessiert und seine Meinung äußert, und die Meinung nicht mit der Regierung übereinstimmt, wird dieses politische Interesse für Stuttgart 21 gleich als Wutbürgertum diffamiert. Daraus habe ich gelernt: wenn der Bürger die gleiche Meinung wie die Regierung hat, hat er ein ehrenwertes politisches Interesse, wenn er dagegen die Regierung kritisiert, ist er ein politischer Hetzer, der bald auf Facebook zensiert wird.