Sonntag, 18. Dezember 2011
Warum ich keine Karriere mache
Ein Mitarbeiter hat es geschafft, nur drei Jahre nach dem Berufseinstieg zum Gruppenleiter aufzusteigen. Diese steile Karriere hat so angefangen: Der Abteilungsleiter hat in die Runde gerufen: "Wer hat Zeit, mir PowerPoint-Folien zu machen?" Ein Kollege hat geantwortet, dass er dafür leider keine Zeit hat, da er kurz vor einem Fertigstellungstermin ist und bis dahin noch viel zu tun hat. Der zukünftige Gruppenleiter hat dagegen alles stehen und liegen lassen, um für seinen Abteilungsleiter die nächsten drei Tage nur noch PowerPoint-Folien zu machen. Als der Abteilungsleiter Änderungswünsche an den Folien hatte, die die Folien verschlimmbessert haben, hat der Mitarbeiter nicht mit dem Abteilungsleiter über den Sinn dieser Änderungen diskuttiert, sondern Überstunden gemacht, um alles so wie vom Abteilungsleiter gewünscht umzusetzen. Ich hätte statt dessen dem Abteilungsleiter gesagt, dass seine Änderungswünsche nicht korrekt sind, dass es kein Sinn macht, drei Tage Arbeit in ein paar Powerpointfolien zu stecken, und dass ich keine drei Tage Zeit habe, da ich kurz vor einem Fertigstellungstermin stehe.

Mein Abteilungsleiter bittet mich dagegen nie, PowerPoint-Folien für ihn zu machen. Nur einmal konnte er nicht auf meine Mitarbeit verzichten: Es musste ein großes Angebot erstellt werden, und ich kannte mich mit der Technologie und dem Kunden am besten aus. Der Gegenstand dieses Angebots war die Migration von cirka zwanzig bestehenden Web-Anwendungen auf eine neue Technologie. Mein Abteilungsleiter war sehr scharf darauf, den Auftrag für dieses große Projekt zu bekommen.

Die Art, wie bei diesem Angebotsprozess die Terminplanung gemacht wurde, möchte ich einmal auf eine Autowerkstatt übertragen: Ein Automechaniker erkennt nach einem kurzen Durchschauen des Autos, dass die Zündkerzen, das Motoröl und der angerostete Auspuff ersetzt werden müssen. Laut Herstellervorgaben summiert sich die dafür erforderliche Arbeitszeit auf 6 Stunden. Der Kunde sagt, dass er sein Auto für höchstens 2 Stunden in die Werkstatt geben möchte, ansonsten sucht er sich eine andere Werkstatt. Ich bin in dem Vergleich der Automechaniker, der sagt: Wenn das Auto auf der Hebebühne ganz nach oben gefahren ist, damit ein Automechaniker den Auspuff wechselt, könnte ein zweiter Automechaniker gleichzeitig des Motoröl wechseln. Es ist aber nicht möglich, dass gleichzeitig in dritter Mechaniker die Zündkerzen wechselt, da man nicht an die Zündkerzen herankommt, wenn das Auto auf der Hebebühne ganz nach oben gefahren ist. Deshalb könnte man, wenn alles optimal läuft, die Inspektion in 4 Stunden durchziehen. Mein Gruppenleiter ist der, der sagt: machen wir doch einen Kompromiss und sagen 3 Stunden. Mein Abteilungsleiter verkauft dem Kunden dann 2 Stunden.

Als ich meinen Abteilungsleiter einmal persönlich darauf angesprochen habe, dass der Terminplan nicht zu machen ist, hat er nur gemeint: Lass uns erst einmal den Auftrag bekommen, dann können wir den Termin immernoch verschieben.

Bei diesem Kunden habe ich schon längere Zeit Vor-Ort gearbeitet. Es kam einmal vor, dass ein Mitarbeiter des Kunden zu mir sagte: Sie haben doch vor zwei Monaten ein Programm für meine Abteilung fertig gestellt. Mit diesem Programm bin ich auch sehr zufrieden. Nur hat sich bei der täglichen Benutzung herausgestellt, dass mir eine Funktion fehlt, die mir sehr hilfreich wäre. Könnten Sie bitte diese Funktion noch einbauen? Eigentlich war dieses Projekt für mich schon vorbei, doch war mir bewußt, dass der Mitarbeiter diese Programmfunktion dringend benötigt. Deshalb habe ich diese Funktion einfach mal so nebenbei eingebaut, ohne mir groß Gedanken darüber zu machen, wie ich die zwei Stunden Aufwand in Rechnung stellen kann. Wenn der Programmnutzer den gleichen Wunsch aber nicht an mich, sondern an einen Mitarbeiter der IT-Abteilung des Kunden herangetragen hätte, wäre die Antwort wie folgt gewesen: Füllen Sie erst einmal einen Auftrag zu Beantragung eines Kleinauftrages aus. Dieser Kleinauftrag wird dann auf einen Aufwand von zwei Tagen geschätzt und landet auf einem Stapel, auf dem schon fünfzig andere Kleinauftrags-Anträge liegen. Frühestens in einem halben Jahr hat jemand Zeit, diesen Stapel abzuarbeiten.
Diese Organisation der IT-Abteilung hat dem IT-Abteilungsleiter Kritik eingebracht. Der IT-Abteilungsleiter des Kunden hat darauf aber eine elegante Antwort gefunden: Die Ursache dieser Probleme liegt nicht an der Organisation der Abteilung, sondern daran, dass wir eine veraltete Technologie einsetzen. Wir planen, demnächst auf eine neue Technologie zu migrieren. Solche "Ausreden" haben dazu geführt, dass der Kunde erwartet hat, dass nach der Migration auf die neue Technologie alles besser wird. Mein Abteilungsleiter hat also gesagt: Jemand muss ein paar Folien machen, in denen wir sagen, warum mit der neuesten Technologie alles besser wird. Ich habe gesagt, dass das Problem ein organisatorisches Problem des Kunden ist, was sich durch eine neuere Technologie nicht ändert. Ich könnte zwar durch Googlen ein paar Marketing-Bullshit-Sätze zusammensuchen und diese auf eine Folie packen, doch könnte ich nie die Folie flüssig vortragen, weil ich genau wüsste, dass alles nur Marketing-Unsinn ist. Ein Kollege von mir hatte dagegen keine Probleme, ein paar PowerPoint-Folien mit Marketing-Bla-Bla und leeren Versprechungen zu produzieren. Darum bittet mich mein Abteilungsleiter nie, PowerPoint-Folien für ihn zu machen.

Mein Abteilungsleiter hat bei der Angebotserstellung immer davon geträumt, einen genialen Trick zu finden, damit die Migration der bestehenden Anwendungen ganz einfach ist. Am besten wäre es, man könnte das Tischtuch so schnell wegziehen und ein neues Tischtuch unterschieben, dass die Gläser auf dem Tisch nicht umfallen. Ich habe meinem Abteilungsleiter gesagt, dass dieser Trick leider nicht funktionieren wird, sondern alle Anwendungen neu entwickelt werden müssen, da die bestehenden Anwendungen zu stark mit der alten Technologie verzahnt sind. Als mein Abteilungsleiter mich das dritte Mal gefragt hat, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, wusste ich irgendwann nicht mehr, was ich noch sagen soll außer ständig zu wiederholen: es geht aus technischen Gründen nicht. Da mein Abteilungsleiter mir nicht geglaubt hat, wurde ein zweiter Kollege hinzugezogen, der einen Weg finden sollte, diesen Trick zu vollbringen. Nachdem ich mit diesem Kollegen den Quelltext der Anwendungen durchgegangen ist, ist dieser Kollege zu dem gleichen Ergebnis wie ich gekommen. Auch ein dritter Kollege kam zum gleichen Ergebnis. Nach dem Abschluss des Ausschreibungsverfahrens - das wir leider nicht gewonnen haben - sagt der Abteilungsleiter in die Runde: Der Kunde hat uns das Feedback gegeben, dass wir der einzige Anbieter waren, der vorgeschlagen hat, den Programmtext in Teilen zu erhalten; alle anderen Anbieter haben erkannt, dass die Anwendung komplett neu entwickelt werden müssen. Ich war sprachlos. Das habe ich meinem Abteilungsleiter ständig gesagt, und er hat dem Kunden dennoch etwas anderes erzählt. Und jetzt tut er so, als wäre jemand anderes als er selbst daran schuld.

Nachtrag: Einmal im Monat habe ich das Internet-Portal des Kunden aufgerufen, um zu prüfen, wie weit die Migration fortgeschritten ist. Der Kunde wollte, dass die Migration innerhalb eines Jahres erfolgt. Nach zwei Jahren und eineinhalb Monaten war die erste Version der Internetseite mit der neuen Technologie sichtbar. Dafür, dass ich mein Unternehmen davor bewahrt habe, ein nicht einhaltbares Angebot abzugeben, habe ich keinen Dank zu erwarten.

Montag, 21. November 2011
Servicewüste Deutschland
Heute Abend habe ich meine Winterreifen vom Reifenservice Pneuhage aufziehen lassen. Wenn man keine Hebebühne hat und das selbst macht, ist das ja eine Schinderei: man muss dazu eine gefühlte Stunde auf den Knieen rumrutschten und mit dem Wagenheber kurbeln, und hat danach zwei Tage lang Rückenschmerzen.
Der Servicemitarbeiter präsentiert mir nach dem Reifenwechsel ohne mit der Wimper zu zucken die Rechnung über 89 Euro. Meine Frage, warum dieser Service das letzte Mal nur 60 Euro gekostet hat, wurde nur lapidar beantwortet: Reifenwechsel, Einlagerung, Auswuchten, Versicherung für die eingelagerten Reifen usw. summieren sich halt zu diesem Preis - und dann kommt ja noch die Mehrwertsteuer obendrauf Zu diesem viel zu hohen Preis war ich das letzte Mal bei Pneuhage. Als gut verdienender Informatiker sollte ich mir eigentlich einen Reifenwechselservice leisten können, aber zu dem Preis macht das keinen Sinn.

Irgend etwas kann an diesem System nicht stimmen. Warum muss ich als Informatiker sechs Stunden arbeiten, damit ich einen Mechaniker bezahlen kann, der in einer viertel Stunde die Reifen wechselt? Das Wirtschaftssystem hat ein Problem mit den viel zu hohen Abgaben.

Direkt danach war ich im Baumarkt. Ich brauchte zwei Pfosten, 10cm x 10 cm x 1 Meter. Nach etwas Suchen habe ich einen 3 Meter langen Balken im Regal gefunden. Der für den Zuschnitt zuständige Mitarbeiter meinte nur: die kann ich nicht sägen, ich kann nur bis 9 cm Dicke sägen. Auf meine Frage, was er dann raten würde, meinte er, dass im Ausgangsbereich des Baumarktes eine Säge stehen würde.
Die Säge im Windfang des Ausgangs war eine Handsäge, deren Führung schnell verklemmt. Ich hätte vermutlich eine Stunde benötigt, um den Balken zwei mal durchzusägen. Das Problem dabei war, dass in der Zeit niemand den Baumarkt hätte verlassen können, denn der drei Meter lange Balken hätte so lange den Ausgangsbereich blockiert.

Die einfachste Lösung für mich war, in dem Regal ein Fach nebendran zu wählen und einen Balken mit dem Querschnitt vom 10 cm x 8 cm zu wählen. Dies konnte der Mitarbeiter dann sägen. Aber das hat auch erst dann geklappt, nachdem ich eine viertel Stunde gewartet und drei Mal geklingelt habe. Der Mitarbeiter kam nach einer viertel Stunde mißmutig um die Ecke geschlurft und hat geschaut, als würde ich furchtbar nerven.
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Montag, 29. August 2011
Hochtourenwoche in den Berner Alpen
Ende August war ich eine Woche in den Berner Alpen unterwegs.

1. Tag: Aufstieg zur Mönchjochshütte
Von Grindelwald aus muss man fast zwei Stunden mit der Bahn fahren, bis man beim Jungfraujoch ankommt.
Nach ein paar Minuten Fußweg vom Jungfraujoch hat man schon einen guten Blick auf die Route, über die wir am folgenden Tag den Mönch besteigen werden. Der Aufstieg erfolgt über den links sichtbaren Südwestgrat, der fast nur über Fels führt. Der Abstieg erfolgt über den rechts sichtbaren Firngrat, welcher den einfacheren Normalweg darstellt.



Nach einer Stunde Fußmarsch vom Jungfraujoch hat man schon die Mönchjochshütte erreicht:


2. Tag: Mönch
Der Aufstieg auf den Mönch über den Südwestgrat ist eine interessante Kletterei, da sich auch dann lohnt, wenn man schon einmal über den Normalweg auf dem Mönch war.


Damit es nach dem Aufstieg über den Felsgrat abwechslungsreich bleibt, geht der Abstieg über einen Firngrat.


Auf dem obigen Bild sieht man auch die Gipfel, die wir für den Rest der Woche geplant haben. Der größte Gipfel, der in der zweiten Reihe steht, ist das Finsteraarhorn. Direkt vor dem Finsteraarhorn ist das Hinter Fiescherhorn sichtbar, welches rechts von dem etwas größeren Groß Fiescherhorn steht. Ganz oben in der Bildmitte sieht man das Groß Grünhorn.

3. Tag: Groß Fiescherhorn
An diesem Tag mussten wir schon um 4 Uhr in der Früh auf der Mönchjochshütte frühstücken, damit wir eine halbe Stunde später losmarschieren können. Im Hintergrund des folgenden Bildes kann man den Mönch und - wenn man genau hinschaut - auch die Mönchjochshütte erkennen.


Bei dem Aufstieg zum Groß Fiescherhorn geht man fast nur über Schnee:


Ein Bild des Gipfels vom Groß Fiescherhorn darf auch nicht fehlen:


Der Abstieg vom Groß Fiescherhorn zur Konkordiahütte wird stellenweise landschiftlich häßlich. Ende August ist der Gletscher gebietsweise nicht nur sehr spaltig, sondern auch mit Staub und Geröll bedeckt. Im Winter sieht die Landschaft viel schöner aus.
Im Winter sind viele Touren mit Tourenskier auch viel einfacher als im Sommer. Im Winter kann man mit Tourenskier über Gletscher hoch, während im Sommer manche Gletscher so spaltig sind, dass man auf die schwierigeren Grate ausweichen muss. Dies sind auch die Gründe, warum diese Region im Winter doppelt soviel Besuche durch Skitourengeher als im Sommer durch Hochtourengeher bekommt.
Beim Abstieg vom Fiescherhorn war der Gletscher so spaltig, dass wir später in einen Geröllhang ausgewichen sind. Ein paar Mal hat sich dabei jemand auf den Hosenboden gesetzt. Irgendwann ging es in dem Geröllhang auch nicht weiter und wir sind über eine Eisrampe zurück auf den Gletscher. Es sah nicht so aus, als würden wir auf dem Gletscher einen Weg durch die Spalten finden. Es hat aber dann doch geklappt. Dieser Webabschnitt hat mich aber landschaftlich schon sehr enttäuscht.


Die Konkordiahütte, wo wir übernachten, steht 100 Meter über dem Gletscher.

Die letzten beiden Jahre musste die Leiter zur Konkordiahütte um jeweils 10 Meter verlängert werden. Der Klimawandel scheint sich bemerkbar zu machen.
Was mir auch nicht ganz normal vorkommt ist, dass der Gletscher vor der Konkordiahütte vollständig mit Geröll bedeckt ist. Wenn man das obige Bild anschaut, würde man nicht auf die Idee kommen, dass sich unter dem mit Geröll bedeckten Boden noch ein Gletscher befinden könnte.

Der Ausblick von der Konkordiahütte ist wieder beeindruckend:


4. Tag: Finsteraarhornhütte
An dem vierten Tag stand ursprünglich das Groß Grünhorn und der Wechsel auf die Finsteraarhornhütte auf dem Programm. Der Bergführer hat aber das Groß Grünhorn abgesagt, so dass wir an diesem Tag gemütlich über die Grünhornlücke zur Finsteraarhornhütte gewandert sind:


Der Bergführer hat das Weglassen des Groß Grünhorns - immerhin ein lohnender Viertausender - damit begründet, dass der Wetterbericht schlecht wäre. Von seinen beiden Gästen hat das keiner geglaubt. Das Wetter sah die ganze Zeit gut aus, und es hat an dem Tag abends erst am 19:30 Uhr geregnet. Meine Hochtourenpartnerin war etwas sauer, da sie einen anderen Grund vermutet: Der Bergführer hat nämlich Meniskusprobleme und wollte deshalb einen Tag zur Schonung einschieben. Zum Glück war ich schon einmal auf dem Groß Grünhorn, sonst wäre ich vermutlich genau so sauer wie meine Hochtourenpartnerin gewesen. Wir sind uns danach beide einige gewesen, dass wir diesen Bergführer nicht mehr buchen.

Der Weg von der Grünhornlücke zur Finsteraarhornhütte sieht so aus:


Da der Weg relativ kurz war, hatten wir noch Zeit, am Nachmittag die Bergung aus einer Gletscherspalte zu üben:


Bei mir hat die Spaltenbergung sehr gut und schnell geklappt, obwohl ich die Übung schon längere Zeit nicht mehr gemacht habe. Meine Hochtourenpartnerin hat dagegen ihren Selbstrettungsversuch aus der Spalte aufgeben müssen, so dass wir sie herausziehen mussten.

Die Finsteraarhornhütte wurde im Jahr 2004 wirklich gut renoviert. In dem Lager kann man sehr gut schlafen, da man nicht zwischen zwei Schnarchern eingeklemmt werden kann und auch Nachts keine Ellenbogenchecks von Leuten bekommt, die sich mehr Platz verschaffen wollen:



5. Tag: Finsteraarhorn
Das Finsteraarhorn ist wirklich eine ordentliche und lohnenswerte Tour.
Ich möchte gar nicht viel reden, sondern einfach die folgenden Bilder wirken lassen.

Finsteraarhorn:


Aufstieg Finsteraarhorn:


Aufstieg Finsteraarhorn:


Gipfel Finsteraarhorn:


6 1/2 Stunden nach dem Start von der Finsteraarhornhütte waren wir wieder zurück auf der Hütte. Dies war deutlich schneller aus die in der Führerliteratur angegebene Zeit von 8 Stunden.

Unser Bergführer wollte an diesem Tag gleich noch weiter zur Oberaarjochhütte gehen, damit wir am Freitag früher nach Hause kommen. Dieser sehr unfreundliche Wirt auf der Oberaarjochhütte wäre eine eigene Geschichte wert. Um es kurz zu machen: man sollte auf dieser Hütte besser nicht übernachten.

Diese Oberaarjochhütte sieht auch schon auf den ersten Anblick wie eine schlechte Holzbaracke aus:


Nach der Ankunft auf der Hütte habe ich mich auf die Suche nach der Toilette gemacht. Mein Bergführer hat mich schon vorgewarnt, dass der Hüttenwirt schlecht drauf ist und man ihn deshalb besser nicht ansprechen sollte, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist. Also habe ich mich selbst auf die Suche nach der Toilette gemacht. Im Außenbereich der Hütte habe ich dazu ein Gatter mit der Aufschrift "Vorsichtig, Sie verlassen jetzt den gesicherten Hüttenbereich" geöffnet und passiert. Dann habe ich das kleine Hüttchen aufgesucht, dass sich im obigen Bild ganz links befindet. Im den Hüttchen findet sich ein Klodeckel, der mit einem großen Stein beschwert wurde. Der Deckel soll ja nicht bei Wind anfangen zu klappern. Es war eine interessante Erfahrung, sein Geschäft mal direkt über einer Wand zu verrichten. Erst später habe ich erfahren, dass es mittlerweile auch eine mehr komfortable Toilette im Haupthaus gibt.

6. Tag: Abstieg
Der Abstieg zum Grimmselsee wurde nochmal richtig romantisch:


Mit dem Taxi ging es dann weiter vom Grimmselsee nach Meiringen. Die folgende Zugfahrt von Meiringen nach Interlanken war auch landschaftlich sehr schön.

Samstag, 27. August 2011
Wie man als Deutscher in der Schweiz ausgenommen wird
Diese Woche war ich mit einem österreichischen Bergführer in den Berner Alpen unterwegs. Dabei habe ich ein paar schöne Fotomotive gesehen - z.B. ein durch den Sonnenaufgang rötlich angeleuchteter Berg. Der Bergführer hat mir aber nie das Fotografieren erlaubt. Beim Aufstieg mussten wir nämlich wegen der Gefahr von Gletscherspalten am gespannten Seil gehen. Sobald einer der drei Seilschaftsmitglieder stehen bleibt, müssen alle anderen auch sofort stehen bleiben. Die Tasche meines Fotoapparats ist am Hüftgurt meines Rucksacks befestigt, so dass ich während des Gehens den Fotoapparat herausziehen und anschalten kann. Ich müsste nur für maximal fünf Sekunden stehen bleiben, damit das Bild nicht verwackelt. Aber wenn ich mal dem Bergführer zugerufen habe: "Fotopause", hat er das einfach ignoriert und weiter am Seil gezogen. Der Bergführer hätte mich eher durch seinen Seilzug umgerissen, als dass er stehen geblieben wäre. Ich bin doch kein Stück Vieh, das man einfach so durch die Berge ziehen kann. Auf diese Art von Bergtouren habe ich bald keine Lust mehr.
Der Bergführer selbst hat dagegen viele Fotos gemacht. Diese Fotos sammelt er für die Fotogalerie seines Internetauftritts. Ich musste oft für ein paar Sekunden stehen bleiben, wenn der Bergführer ein Foto gemacht hat. Ich mir gedacht, dass es nicht so schlimm ist, wenn der Bergführer mich nicht Fotografieren läst, da ich ja dann die Fotos vom Bergführer bekomme.

An einem Abend der Tourenwoche sind wir auf der Oberaarjochhütte abgestiegen. Dort war unsere Dreiergruppe neben einer Dreiergruppe eines Schweizer Bergführers die einzigen Gäste. Am Abend hat mich der Schweizer Bergführer erst einmal belehrt, dass ein Bergführer nie stehen bleiben darf, wenn ein Gast dies wünscht. Denn "hier mal kurz ein Foto" und "dort mal kurz ein Foto" kann sich im Laufe der Tour zu zwei Stunden summieren. Und es macht einen großen Unterschied, ob man eine Stunde vor dem Gewitter oder eine Stunde nach dem Gewitter an der Hütte ankommt. Es hätte keinen Sinn gehabt, dem Bergführer vorzurechnen, dass sechs Fotos multipliziert mal 5 Sekunden pro Foto weniger als eine Minute ergibt. Als Nächstes hat der Schweizer Bergführer gesagt, dass er grundsätzlich nie Fotos kostenlos an seine Gäste abgibt. Sein Fotoapparat hat nämlich 500 Franken gekostet, und die Kosten für den Fotoapparat müssen ja wieder irgendwie reinkommen. Weiterhin benötigt er ja noch einen Computer. Und wenn er nach ein paar Tagen in den Bergen wieder nach Hause kommt, ist er einen ganzen Tag mit der Bearbeitung der Fotos beschäftigt. Dieser Verdienstausfall muss ja auch bezahlt werden. Des Schweizers Bergführers liebster Gast ist einer der sagt: "Hier hast Du 100 Franken für alle Fotos". (Bei dem aktuellen Wechselkurs entsprechen 100 Franken 90 Euros.) Einmal hat der Schweizer Bergführer eine E-Mail von einer Schulklasse bekommen, die um die Zusendung der Bilder gebeten hat. Die Antwort des Schweizers war: "Und was bekomme ich dafür?".

Für einen Absatz muss ich mal von dem Abend auf der Oberaarjochhütte zum Nachmittag des vorangegangenen Tages springen: An einem Nachmittag auf der Finsteraarhornhütte hatte ich Zeit, ein ausliegendes Buch des Schweizer SLF (Institut für Schnee- und Lawinenforschung) zu studieren. In diesem werden alle Lawinenunfälle einer bestimmten Wintersaison analysiert. Als Skitourengänger habe ich Grundkenntnisse und Interesse an Lawinenkunde. Personen ohne Lawinenkenntnisse können sich dies stark vereinfach wie folgt vorstellen: das SLF veröffentlich täglich für jedes Gebiet eine Lawinenwarnstufe; dieser Wert von 1 bis 5 gibt an, bis zu welcher Hangsteilheit man gehen darf.
1. Lawinenunfall: Die ersten Seiten dieses Buches behandeln einen klassischen Lawinenunfall: lawinenunkundige junge Skifahrer verlassen bei hoher Gefahrenstufe die gesicherte Skipiste und fahren in einen frisch verschneiten und unverspurten Steilhang. Diese Variantenskifahrer waren an ihrer Verschüttung selbst Schuld, da der Hang steiler war, als es die Lawinenwarnstufe erlaubt hätte.
2. Lawinenunfall: Ein Bergführer hatte trotz eines hohen Lawinenwarnstufe eine Skitour mit seinen Gästen unternommen. Die Gäste wollen ja nicht auf der Hütte sitzen bleiben, wenn sie Urlaubstage genommen und den Bergführer bezahlt haben. Der Bergführer wollte eigentlich unterhalb der Waldgrenze bleiben, wo man vor Lawinen sicher ist. Er ist dann genau bis zur Waldgrenze aufgestiegen, wo er umdrehen wollte. Die Gruppe stand damit genau an der Grenze zwischen einem steilen Neuschneehang und dem Wald. Eine Lawine hat zwei Gäste dieser Gruppe getötet. Der Bergführer hat einen Fehler gemacht. Es gilt zwar die Regel, dass der Wald vor Lawinen schützt, aber diese Regel gilt nur, wenn man mindestens 50 Meter im Wald drin ist, aber nicht, wenn man genau am Waldrand steht. Trotz dieses Fehlers des Bergführers wurde er von dem SLF-Buch von jeder Verantwortung freigesprochen. Der Bergführer hätte laut des SLF-Buches ja wegen des Nebels nicht sehen können, dass er am Fuße eines steilen Hanges steht. Auch hat der Bergführer aus der Karte aber eine Hangsteilheit von weniger als 30 Grad herausgelesen, obwohl der Hang steiler als 30 Grad war. Beide Freispruch-Begründungen im SLF-Buch sind schlechte Ausreden. Denn bei Nebel soll man ja gerade deshalb keine Skitouren gehen, da man bei Nebel die Hänge und Schneeverwehungen nicht sehen kann. Weiterhin kann man eine Hangsteilheit nicht so genau aus der Karte herauslesen, als dass man diese für die Lawinenkunde verwenden könnte. In der Lawinenkunde gibt es einen sehr großen Unterschied zwischen einem 30 Grad steilen und einem 40 Grad steilen Hang, auf einer Karte macht sich dieser Unterschied nur dadurch bemerkbar, dass der Abstand der Höhenlinien um wenige hundertstel Millimeter unterschiedlich sind. Es hat mich verwundert, wie schnell und einfach der Bergführer freigesprochen wurde.
3. Lawinenunfall: Eine Lawine hat eine Straße auf einer Länge von mehreren hundert Metern verschüttet. Die Lawine war fünf Meter hoch. Nur durch glückliche Fügung war zu dem Zeitpunkt kein Auto auf der ansonsten viel befahrenen Straße. Eine Untersuchung von Schweizer Lawinenexperten kam zum Ergebnis, dass keiner der Personen, die für die Sicherheit der Straße zuständig war, einen Fehler gemacht hat.
4. Lawinenunfall: Eine Lawine hat drei Personen auf einer Skipiste verschüttet. Eine Untersuchung von Lawinenexperten kam zum Ergebnis, dass keiner der für die Lawinensicherheit des Skigebiets zuständigen Personen einen Fehler gemacht hat. Die Lawine war nicht voraussehbar.
5. Lawinenunfall: Zwei Skitourengeher wurden von einer Lawine verschüttet und konnten nur noch tot geborgen werden. Die aktuelle Lawinenwarnstufe für dieses Gebiet hatte die Lawinengefahr als gering eingestuft, so dass die Hangsteilheit, bei der die Lawine abgegangen ist, erlaubt gewesen wäre. Das Problem war, dass das SLF eine zu niedrige Lawinenwarnstufe veröffentlicht hat. Eine Schweizer Expertenkommission kam zum Ergebnis, dass das SLF keinen Fehler gemacht hat. Die Skitourengehen hätten sich ja auch an dem Lawinenbericht eines benachbarten Gebietes orientieren können, welcher eine höhere Lawinenwarnstufe angibt. Weiterhin stand in dem dazugehörigen Lawinenbulletin "die Lawinengefahr kann am Nachmittag leicht ansteigen". Solche Standardformulierungen findet man sehr oft. Ich selbst finde es bemerkenswert, dass das SLF nicht die Verantwortung für diesen Fehler übernimmt. Man muss sich aber darüber klar sein, dass der Unfall von Schweizer Lawinenexperten untersucht wurde, und beim SLF Schweizer Lawinenexperten arbeiten. Auch wenn diese Personen nicht identisch sind, kennen sich diese Personen alle. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.
6. Lawinenunfall: Zwei Deutsche Skitourengeher haben eine kleine Lawine ausgelöst. Niemand wurde verschüttet. Das SLF-Buch kam zum Ergebnis, dass die Deutschen schuldig sind. Sie bekamen eine hohe Geldstrafe wegen des Betretens eines Wildschutzgebietes. Nach meinen Kenntnissen in der Lawinenkunde wäre es erlaubt gewesen, bei der damaligen Lawinenwarnstufe den Hang zu begehen. Die ausgelöste Lawine war auch nur klein und hätte vermutlich nicht gereicht, eine Person komplett zu verschütten.
Nach dem Durcharbeiten dieser Lawinenberichte habe ich versucht, etwas daraus zu lernen. Viel schlauer bin ich nicht geworden. Mir ist nur eine Systematik aufgefallen: Schweizer wurden nie für Fehler zur Verantwortung gezogen, während Deutsche sofort als Sündenbock herhalten müssen.

Zurück zur Oberaarjochhütte: Der Schweizer Bergführer hat einen Bergunfall am nicht weit entfernten Groß Grünhorn angesprochen. Zwei Tage vorher haben mehrere Seilschaften die Hochtour gemacht, die bei der Konkordiahütte beginnt, zum Groß Grünhorn führt und an der Finsteraarhornhütte endet. Diese Hochtour habe ich selbst vor zwei Jahren gemacht. Mittlerweile hat aber jemand eine Abkürzung dieser Hochtour eingerichtet. Als ich diese Hochtour gemacht hatte, musste man vom Groß Grünhorn noch weit auf dem Anstiegsweg zurück zur Konkordiahütte absteigen, um danach wieder 300 Meter zur Grünhornlücke hochsteigen zu müssen, um zur Finsteraarhornhütte zu kommen. Die neue Abkürzung vermeidet die 300 zusätzlichen Höhenmeter, spart damit knapp eine Stunde und macht die Hochtour interessanter. Diese neue Abkürzung ist eine Abseilpiste die vom Grat am Grünhorn zur Finsteraarhornhütte führt.
Ein Schweizer Bergführer stand mit seiner Gruppe unten an der Abseilpiste, als zwei deutsche Bergsteiger ohne Bergführer oben mit dem Abseilen begonnen haben. Die Deutschen Bergsteiger haben dabei einen Steinschlag ausgelöst. Ein Stein hat den Helm eines Hochtourengehers durchlagen und eine tödliche Kopfverletzung verursacht. Es stellt sich nun die Frage, wer Schuld an diesem Unfall hat.
Auf der Homepage der Finsteraarhornhütte findet man eine Tourenbeschreibung zum Groß Grünhorn. In dieser Tourenbeschreibung ist nur noch die neue Abseilpiste und nicht mehr der alte Weg, den ich noch gegangen bin, beschrieben. Die Homepage weist auf eine erhöhte Steinschlaggefahr hin.
Im Internet habe ich ein Bild gefunden, das den letzten Teil dieser Abseilpiste zeigt. Auf dem Bild erkennt man nicht nur die vielen losen Steine in der Abseilrinne, sondern sieht auch viele Steine auf dem Gletscher liegen. Diese vielen losen Steine in der Abseilrinne sind dadurch zu erklären, dass die Route frisch eingerichtet wurde. Routen, die schon seit längerer Zeit begangen werden, sind ausgeputzt. Wahrscheinlich haben sich die Personen, die diese Abseilroute eingerichtet haben, auch nicht die Mühe gemacht, die Rinne von losen Steinen zu befreien. Die vielen auf dem Gletscher liegenden Steine deuten auf einen ständigen Steinschlag hin.
Die Abseilpiste führt mehrere hundert Meter in der immer gleichen Steinschlagrinne nach unten. Nur so ist es zu erklären, dass der Stein genug Fahrt aufnehmen konnte, um den Steinschlaghelm zu durchschlagen. Ich selbst habe ich auch schon ein paar Abseilfahrten unternommen. Dabei habe ich keine Abseilpiste gesehen, bei der man immer in der gleichen Rinne bleibt. Meistens ist der letzte Abseilhaken außerhalb der Steinschlaglinie des ersten Abseilhakens. Wenn ich mir diese Abseilpiste anschaue, komme ich zum Ergebnis, dass man in dieser Steinschlagrinne keine Abseilpiste hätte einrichten dürfen, da die Steinschlaggefahr zu groß ist. Wenn man bedenkt, dass es früher möglich war, die Tour ohne diese Abkürzung zu begehen, war die neue Abseilpiste unnötig.
Bei meinen bisherigen Abseilfahrten habe ich gelernt, dass selbst bei oft begangenen und damit von losen Steinen ausgeputzten Routen immer wieder ein paar Steine herunterfallen. Beim Abseilen muss man sich nämlich mit den Füßen an der Wand abstützen. Manchmal führt die Struktur der Wand auch dazu, dass man beim Abseilen etwas pendelt. Dann muss man sich schnell mit den Füßen an der Wand abstützen. Dabei ist es unmöglich, dass man genau hinschaut, wo man sich mit den Füßen abstützt und ob dort etwa Steine liegen. Steinschlag kann ebenfalls dann ausgelöst werden, wenn man nach einer Abseilfahrt das Seil abzieht. Das abgezogene Seil fällt ja danach bis zu 25 Meter nach unten und kann irgendwo Steine lösen.
Bei den Abseilfahrten habe ich gelernt, dass man am Ende der Abseilfahrt sofort rausquert und am besten unter einer überhängenden Wand Schutz sucht, da die nächste Abseilende Person oft Steinschlag auslöst. Um den Unfall beurteilen zu können, müsste man wissen, ob die vom Steinschlag getroffene Person sofort nach der Abseilfahrt die Steinschlagzone verlassen hat, oder dort noch länger gestanden ist, um auf die anderen Gruppenmitglieder zu warten oder Fotos zu machen. Es wäre die Aufgabe des Bergführers, die Gäste darauf hinzuweisen, die Steinschlagzone sofort zu verlassen.
Im Rahmen der Unfallanalyse ist auch zu prüfen, wie es passieren konnte, dass ein Stein einen Steinschlaghelm durchschlagen konnte. Vielleicht war der Kunststoffhelm schon alt und durch jahrelange UV-Strahlung spröde geworden.
Meine vorläufige Beurteilung des Unfalls ist, dass es ein Fehler war, in dieser Steinschlagrinne eine solche unnötige Abseilpiste einzurichten.
Nach dem Unfall sind die Bergführer bis spät in der Nacht in der Hütte zusammen gehockt und haben die Schuldfrage diskutiert. Das Ergebnis der Schweizer Bergführer war, dass die Deutschen die alleinige Schuld an dem Unfall haben. Sie hätten nicht mit dem Abseilen beginnen dürfen, bevor die Schweizer Gruppe die Abseilpiste verlassen haben. Eine solche Regelung ist mir aber trotz meiner einwöchigen Kletterausbildung nicht bekannt. Eine solche Regelung wäre auch praktisch nicht möglich. Ein unerfahrener Gast benötigt für jede Abseilstrecke mehrere Minuten, da er noch nicht so schnell abseilen kann und auch einige Zeit für das Seilhandling zum Anfang und Ende der Abseilfahrt benötigt. Nehmen wir mal an dass ein unerfahrener Gast 3 Minuten je Abseilfahrt benötigt. Dann benötigt eine Seilschaft mit 4 Bergsteigern insgesamt 12 Minuten ja Abseiletappe. Der gesamte Zeitaufwand für eine Abseilpiste mit 6 Abseilhaken ist damit mehr als eine Stunde. Üblicherweise sind auch mehrere Seilschaften auf einer Route unterwegs. Wenn diese von den Schweizern Bergführern erfundene Regel stimmen würde, müsste die vierte Seilschaft ja drei Stunden an der Abseilpiste warten. Diese Regel der Schweizer Bergführer erscheint mir, als wäre sie mal schnell erfunden worden, um den Deutschen die Schuld zu geben.
Nach dem Unfall wurden die Personalien der deutschen Bergsteiger aufgenommen. So wusste die Polizei auch, auf welcher Hütte die Bergsteiger übernachten. Es wurde ausspioniert, über welchen Weg die Deutschen in das Tal absteigen wollen. Am Tal wurden die Deutschen dann von Polizisten in Zivil überrascht und abgeführt. Diese Art der Behandlung finde ich einen schlechten Stil. Man hätte doch einfach sagen können: "Wir müssen uns mal eine Stunde an einen Schreibtisch setzen, um ein Protokoll aufzunehmen. Können Sie bitte nach dem Talabstieg aufs Revier kommen?"
Vermutlich haben die Schweizer angenommen, dass die Deutschen genau so abhauen würden, wie es der Schweizer Paraglider getan hat, der vor zwei Wochen in eine deutsche Seilbahn geflogen ist und damit bewirkt hat, dass 20 Personen über Nacht in einer Gondel gefangen waren.
Bei dieser Art der Behandlung und Vorverurteilung glaube ich nicht, dass die Deutschen eine faire Behandlung durch die Schweizer zu erwarten haben.

Nach einem weiteren Glas Rotwein hat der Schweizer Bergführer von seiner Zeit als Führer auf das Matterhorn erzählt. In einem Jahr hat er 25-mal auf das Matterhorn geführt. Bei einem Gipfeltarif von 1200 Franken ist das sehr lukrativ. Ein Bergsteiger hat ohne Führer keine Chance, auf das Matterhorn zu kommen, auch wenn er dazu die klettertechnischen Fähigkeiten hätte. Eine Tour auf das Matterhorn muss man so früh beginnen, dass man die ersten Stunden in der Dunkelheit geht. Es wäre zeitlich problemlos möglich, erst zu Sonnenaufgang zu starten. Nur würde man dann in den Gegenverkehr von den einhundert anderen Seilschaften kommen, die bei Dunkelheit starten. Wenn sich also der Bergsteiger ohne Führer entschlossen hat, bei Dunkelheit zu starten, hat er das Problem, den Weg zu finden. Die Schweizer sind ja nicht so dumm, den Weg zu markieren, wenn sie statt dessen 1200 Franken für das Zeigen des Weges verdienen können. In den Alpen löst man dieses Problem der Wegfindung üblicherweise dadurch, dass man ein paar Seilschaften mit Bergführer vorgehen läst, und sich dann an deren eingeschlagenen Weg orientiert. In der Dunkelheit kann man den Weg ja gut am Schein der Stirnlampen erkennen, ohne direkt hinter den Führern hinterher zu laufen. Dies passt den Matterhorn-Führern aber auch nicht, da sie dann Probleme hätten, ihren Gästen zu erklären, wofür sie 1200 Franken verlangen. Deshalb haben sie ein paar schmutzige Tricks entwickelt. Der Hüttenwirt der Hörnli-Hütte schließt um eine gewisse Uhrzeit die Hüttentür auf. Vorher versammeln sich die Bergführer mit den Gästen vor der Tür und achten darauf, dass erst alle Bergführer losgehen, bevor eine Seilschaft ohne Bergführer los darf. Ein Bergführer gibt dann seinen Gast an einen anderen Bergführer ab und läst sich zurück fallen, so dass die führerlosen Bergsteiger hinter ihm sind. Der Bergführer verlässt dann die richtige Route auf das Matterhorn und klettert in die Ostwand. Dort platziert er dann ein paar mitgebrachte Taschenlampen, die er für drei Franken das Stück gekauft hat. So werden alle führerlosen Bergsteiger in die Irre geführt. Danach klettert der Bergführer wieder zurück zum richtigen Weg und nimmt wieder seinen Gast.
Eine solche Irreführung ist sehr gefährlich. Die irregeführten Bergsteiger können ja leicht in der schwierigen Ostwand abstürzen. Wie wäre dann ein tödlicher Absturz infolge einer Irreführung juristisch zu Beurteilen? In der Schweiz gibt es ein Gesetz über fahrlässige Tötung: "Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft." Ich nehme nicht an, dass ein Schweizer Gericht dieses Gesetz bei einem Schweizer Bergführer anwenden würde.

Von dem Gerede des Schweizer Bergführers hatte ich genug. Deshalb bin ich früh zu Bett gegangen. Am nächsten Morgen musste ich mir noch den mürrischen Hüttenwirt der Oberaarhornhütte anhören. Nehmen Sie noch Teewasser. Nein, ich benötige kein Teewasser. Aber Sie haben doch Teewasser bestellt. Nein, ich habe kein Teewasser bestellt. Der Hüttenwirt war daraufhin sauer, dass er seine 6 Liter Teewasser nicht zu einem Preis von 6 Franken pro Liter los bekam. Als nächstes bekam ich einen Rüffel, dass ich mein abgeräumtes Frühstückgeschirr einfach auf die Theke gestellt habe, anstatt es ordentlich zu stapeln. Der Hüttenwirt hat ja dadurch die siebenfache Arbeit. Beim Bezahlen musste ich dann feststellen, dass die 1,5-Liter-Flasche Mineralwasser 12 Franken, also umgerechnet 11 Euro kostet (ich meine wirklich Mineralwasser und nicht Champagner). Ich konnte nur mit einem 200-Franken-Schein bezahlen. Der Hüttenwirt hat gebrummt, dass ich kein 1-Franken-Stück hatte. Der 200-Franken-Schein wurde mir weggenommen, ich bekam ein paar Scheine hingeworfen und der Hüttenwirt hat sich gleich umgedreht. Bevor ich im Kopf nachrechnen konnte, wie hoch mein Anteil an der Gesamtrechnung war und was mein richtiges Rückgeld wäre, war der Hüttenwirt schon weg.

Am Abend konnte ich ein Gespräch zwischen dem Schweizer Bergführer und dem Hüttenwirt belauschen: AIDS kann auch durch Oralsex übertragen werden. Und das haben die da unten in Thailand ja fast alle. Deshalb schicke ich immer die Frau als Erstes zum Zahnarzt.. Danach war mir klar, warum die Schweizer so geldgeil sind - der Hüttenwirt rechnet wohl 6 Liter Teewasser erst in 48 Franken und dann in Anzahl Tage in Thailand um.

Die höchstgelegene Alpenhütte ist die Capanna Regina Margherita. Diese Hütte steht auf der 4554 Meter hohen Signalkuppe. Dort kostet eine 1,5-Liter-Flasche Mineralwasser nur 1,50 Euro, obwohl diese mit dem Hubschrauber hochgeflogen werden muss und man auch bereit wäre, bei dieser exklusiven Hütte etwas mehr zu zahlen. Wenn diese Hütte nur 50 Meter weiter nordwestlich stehen würde, wäre sie auf Schweizer Boden und das Mineralwasser würde das Zehnfache kosten.

Beim Abstieg von der Oberaarhornhütte wollte ich nur noch raus aus der Schweiz. Von der Schweiz hatte ich nach dem Tag auf der Oberaarhornhütte die Schnauze voll. Ich habe keine Lust mehr, mein hart und ehrlich verdientes Geld den geldgierigen Schweizern in den Rachen zu werfen, damit die mich dafür schlecht behandeln.

Sonntag, 31. Juli 2011
Hochtourenwoche im Wallis
Ursprünglich wollte ich zusammen mit meiner letztjährigen Hochtourenpartnerin dieses Jahr wieder ein Bergführer nehmen. Leider konnten wir keinen gemeinsamen Termin finden. Danach hat mir der Bergführer einen Tourenvorschlag im Wallis gemailt, der mich sehr gereizt hat. Also habe ich mir gedacht: Was soll's, gönne ich mir doch mal den Luxus eines Privatbergführers. Ich habe schließlich auch schon monatelang Projekte in Frankfurt gemacht, wo ich nur gearbeitet und in einem Hotel übernachtet habe.

Ich war schon mehrmals in der Monta-Rosa-Gruppe unterwegs und habe dort schon einige Gipfel gesammelt. So war ich schon auf der Dufourspitze, dem Nordend, auf Castor und Pollux und habe die Breithorn-Überschreitung gemacht. In dieser Kette fehlt mir aber noch die Lyskamm-Überschreitung und ein paar Viertausender rund um die Signalkuppe. Diese fehlenden Gipfel sollten in der Hochtourenwoche mit dem Privatbergführer gesammelt werden, siehe folgendes Bild.

In dem folgenden Bild sieht man von links nach rechts: Nordend, Dufuorspitze, Parrotspitze, Ludwigshöhe, Schwarzhorn und Lyskamm. Zwischen der Dufuorspitze und der Parrotspitze gibt es noch die Zumsteinspitze und die Signalkuppe, die von einem Kamm der Dufourspitze verdeckt sind:



Dieses Jahr hatte ich viel mehr Wetterglück, als ich zu Anfang erwartet hatte.
Das Wetterglück hat schon damit begonnen, dass ich während der Anfahrt durch den Regen gefahren bin, um dann bei Sonnenschein aus dem Auto zu steigen und zur Weissmieshütte aufzusteigen.

1. Tag
An meinem ersten Akklimatisationstag bin ich von der Weissmieshütte aus den Klettersteig auf das Jägihorn gegangen. Die Seilbrücke dieses Klettersteigs ist ganz witzig:



Fünfeinhalb Stunden nach dem Start von der Weissmieshütte zum Klettersteig war ich wieder trochen zurück bei der Hütte. Den am Nachmittag einsetzenden Regen konnte ich dann gemütlich aussitzen.

2. Tag
Am zweiten Akklimatisationstag wollte ich versuchen, soweit wie möglich zum Lagginhorn (4010 m) hochzukommen. Da der Grat zum Lagginhorn verschneit war, hatte ich wenig Hoffnung, weit zu kommen. Doch der Schnee auf dem Einser-Felsgrat war unproblematisch. Die einzige fünf Meter lange Felsplatte im zweiten Schwierigkeitsgrad lies sich auch bei Schnee problemlos bewältigen. So habe ich dann das Lagginhorn geschafft:



Der Ausblick vom Lagginhorn fand ich beeindruckend. Ich habe vorher noch nie so eine klar abgegrenzte Wolkendecke gesehen. Unten lag der Talort Saas Fee unter einer Wolkendecke. Über der Wolkendecke sieht man die verschneiten Gipfel der Mischabel-Gruppe:



Am Gipfel wollte ein Bergführer seinem Gast das Panorama erklären, wusste aber nicht mehr, wie der Gipfel rechts neben dem Dom heißt. Ich habe gerne dem Bergführer den Namen des Gipfels (Lenzspitze) genannt. Der Bergführer war daraufhin aus irgendeinem Grund eingeschnappt und ist dann grußlos vom Gipfel abgestiegen:



Laut Führerliterator benötigt man von der Weissmieshütte aus 4 Stunden zum Aufstieg auf das Lagginhorn und 2 Stunden für den Abstieg. Ich habe für den Aufstieg 3 Stunden und für den Abstieg 2 1/2 Stunden benötigt. Der große Unterschied zwischen Aufstiegszeit und Abstiegszeit in der Führerliterator ist unplausibel.

3. Tag
Laut Wettervorhersage sollte dieser Tag am Nachmittag leichte Regenschauer bringen. Deshalb bin ich an diesem Tag gemütlich den Höhenweg zur Almageller Alp gegangen. Die paar Regentropfen auf dem Rückweg liesen sich unter der Goretext-Jacke gut aushalten.

4. Tag
Nach den paar Akklimatisationstagen auf der Weissmieshütte bin ich ins Tal abgestiegen, um meinem Bergführer zu treffen. Der hatte zwischenzeitlich schon Erkundigungen eingeholt und herausbekommen, dass die erste geplante Tour, nämlich die Überschreitung von der Lenzspitze zum Nadelhorn, aufgrund des Neuschnees nicht machbar ist. Deshalb haben wir spontan den Plan geändert und sind nach Zermatt gefahren und auf die Rothornhütte aufgestiegen.

Der Aufstieg von 1600 Höhenmeter auf die Rothornhütte ist schon eine vollwertige Tagestour:



In der Mitte des obigen Bildes sieht man die Wellenkuppe (3903 m), links daneben das Obergabelhorn (4063 m). Unser Ziel war, an dem nächsten Tag auf die Wellenkuppe zu steigen.

Das Obergabelhorn ist durch einen halbbogenförmigen Felsgrat von der Wellenkuppe getrennt. Der einfachste Weg zum Obergabelhorn führt über die Wellenkuppe; danach muss man den halbbogenförmigen Grat zum Obergabelhorn weiter klettern. Da dieser Grat verschneit ist, konnten wir maximal bis zur Wellenkuppe.

Die beiden Berge Obergabelhorn und Wellenkuppe wurden von lieben Gott unschön angeordnet. Wenn die Wellenkuppe nur 100 Meter höher wäre und das Obergabelhorn 70 Meter niedriger, hätte man durch eine Bergtour auf die Wellenkuppe den Viertausender dieses Felsmassivs abgearbeitet. Aber so ist die Wellenkuppe nur ein Vorgipfel des Obergabelhorns, welcher überhaupt nichts für eine bessere Viertausender-Statistik beiträgt.

Als ich in Zermatt losgelaufen bin, war ich mit einem T-Shirt bekleidet. Eine halbe Stunde unterhalb der Rothornhütte habe ich dann angefangen zu frieren. Ich wollte dann aber nicht stehen bleiben und mir etwas Wärmeres anziehen, weil ich mir gedacht habe, dass man beim Aufstieg sowieso soviel Wärme produziert, dass man eigentlich nicht frieren sollte. Als ich dann im T-Shirt die Rothornhütte erreicht habe, habe ich angefangen zu frieren wie ein Schneider. Ich habe schon an mir gezweifelt und mich gewundert, warum ich in der Hütte so friere. Nach einer halben Stunde ist mir dann auch aufgefallen, warum ich so friere: das Steinhaus auf 3200 Höhenmeter wird nicht beheizt, weshalb sogar die Mädels in der Küche mit Jacke und Wollmütze arbeiten.


Die Rothornhütte hat auch eine antike Toilettenanlage. Das Schießhäusle wurde 30 Meter neben der Hütte direkt an einer senkrechten Felswand gebaut. Da sollte man Nachts nicht so oft müssen müssen.

5. Tag
Mein Bergführer macht morgens normalerweise Stress, damit er als erste Seilschaft von der Hütte loskommt. Dadurch vermeidet er, im folgenden Aufstieg von anderen Seilschaften ausgebremst zu werden. Diese Woche hatte er aber eine andere Taktik. Insgesamt wollten nur vier Gruppen auf die Wellenkuppe. Die anderen Gruppen haben alle um fünf Uhr in der Früh gefrühstückt. Mein Bergführer hat das Frühstück eine Stunde später angesetzt, weil er meinte, dass die ersten ja sowieso durch den ungespurten Neuschnee spuren müssen, und es sich deshalb nicht lohnt zu früh zu starten.

Beim Aufstieg zur Wellenkuppe haben wir die erste Seilschaft genau an der Stelle überholt, an der die Spurarbeit endet, d.h. dort wo man vom Gletscher in den Fels wechselt. Die beiden anderen Gruppen haben wir eine Viertelstunde später überholt. Diese beiden französischen Gruppen hatten sich im Felsgrat verklettert. Durch das Zeigen des richtigen Weges haben wir uns wenigstens für die Spurarbeit erkenntlich gezeigt: "Hey guys, you are on the wrong way!".



Der Aufstieg zur Wellenkuppe fordert auch eine interessante Kletterei:



Ich kann es immer noch nicht glauben, dass man beim Aufstieg zur Wellenkuppe so viel leisten muss, und am Ende das Tages hat man seine Viertausender-Statistik nicht verbessert.
Apropos Ende des Tages: Am Ende dieses Tages sind wir noch ins Tal abgestiegen.

6. Tag
Am Tag nach der Wellenkuppe sind wir zur Sella-Hütte gewechselt. Für diesen Hüttenwechsel mussten wir mit der Bahn auf das Klein-Matterhorn (3800 m) fahren und den Castor (4226 m) überschreiten, um zur Hütte zu kommen.

Interessanterweise führt der einfachste Weg vom Klein-Matterhorn zur Hütte über den Castor. Der Weg über den Gipfel ist einfacher als irgendein anderer Weg:



Auf dem letzten Wegstück zur Sella-Hütte ist Nebel aufgekommen. Ich musste mich wirklich wundern, wie der Bergführer in dem Nebel den Weg über den Gletscher finden kann.



Dieses Nebel-Bild sollte erklären, warum man auf einem Gletscher immer ein GPS-Gerät dabei haben sollte. Ohne GPS kann man sich im Nebel hoffnungslos verlieren.

7. Tag
Für diesen Tag war der Höhepunkt der Woche - die Lyskamm-Überschreitung - geplant.
Das folgende Bild zeigt den Lyskamm:



Die beiden Gipfel des Lyskamms (Ost-Gipfel und West-Gipfel) sind durch einen ein Kilometer langen Grat getrennt, der bei dieser Überschreitung begangen wird:



Beim letzten Schlussabstieg vom Lyskamm-Ostgipfel hatten wir einen Whiteout. Ich stande auf einem 40 Grad steilen Firngrat und sah nur noch weiß. Der weiße Nebel lies sich nicht mehr vom weißen Schnee unterscheiden. Fünf Minuten lang bin ich ohne Sicht nach unten gestochert. Danach ist der Bergführer voran gegangen und ist einfach direkt die Schneeflanke nach unten gelaufen.

Am Ende dieser Tagestour haben wir die höchstgelegene Gebäude Europas erreicht:



Die Margherita-Hütte wurde direkt auf der 4554 Meter hohen Signalkuppe gebaut.

Der Komfort auf der Margherita-Hütte ist überraschend gut. Im Unterschied zur Rothorn-Hütte wird die Margherita-Hütte mollig warm beheizt. Und die Toilette ist auf dem gleichen Stockwerk wie die Schlafräume und nicht etwa außerhalb des Gebäudes.

Dieser Tag war wieder gut für die Statistik, da ich am Ende des Tages drei neue Viertausender (Lyskamm-Westgipfel, Lyskamm-Ostgipfel und Signalkuppe) in mein Tourenbuch eintragen konnte.

8. Tag
Ursprünglich hatten wir geplant, dass wir von der Margherita-Hütte die Überschreitung über die Zumstein-Spitze zur Dufour-Spitze (höchster Schweizer Berg) machen. Dieser Weg zur Dufourspitze war aber wegen dem Neuschnee auf dem Felsgrat problematisch. Da ich sowieso schon auf der Dufourspitze war, haben wir kurzfristig den Plan geändert und statt dessen einige Viertausender rund um die Signalkuppe gesammelt:
- Zumsteinspitze
- Parrotspitze
- Ludwigshöhe

Das folgende Bild zeigt rechts die Signalkuppe mit der Margherita-Hütte, in der Mitte die Zumsteinspitze und links die Dufourspitze:



Nach dem Erreichen der Zumsteinspitze sind wir weiter zur Parrotspitze, von wo aus wir einen guten Blick auf das Schwarzhorn (Mitte links) und die Ludwigshöhe (Mitte rechts) hatten:



Nach dem Abhaken der Ludwigshöhe sind wir über den Grenzgletscher und die neue Monta-Rosa-Hütte ins Tal abgestiegen.

Dieser Tag war wieder gut für die Statistik, da für mich drei neue Viertausender hinzukamen.

9. Tag
Der letzte Tag mit dem Bergführer war eigentlich als Puffertag für schlechtes Wetter vorgesehen. Da kein einziger Tag wegen schlechtem Wetter ausgefallen ist, galt es zu überlegen, was man an diesem Tag machen kann.
Die Wahl fiel auf den Alphubel (4206 m).

Bei dem Begriff Alphubel habe ich zuerst an einen einfachen Schneeberg gedacht, der einen einfachen Anstieg über den Gletscher hat. Schließlich hat der Alphubel einen breiten schneebedeckten Rücken, ganz im Gegensatz zu den Felszacken in seiner Nachbarschaft.

Der gewählte Anstieg über das Feejoch und den Feekopf war jedoch wesentlich interessanter als erwartet:



Der Bergführer hat die Überschreitung des Feekopf-Grates als nette Klettere im zweiten Schwierigkeitsgrad mit Steigeisen beschrieben.

Auch das letzte Steilstück zum Alphubel hoch hatte es in sich:



Als Rückweg war eigentlich der einfache Normalweg über den Gletscher geplant. Dieser Gletscher hatte aber so viele Spalten, dass sich noch niemand getraut hatte, eine Spur über den Gletscher zu legen. Also mussten auch wir wieder den schwierigeren Rückweg über den Feekopf nehmen.

Die Hütten waren in dieser Woche auch angehmerweise nur zu einem Drittel belegt. Die meisten Gäste kommen wohl erst dann, wenn ein dauerhaft stabiles Hochdruckwetter angesagt ist. Da auf den Hütten immer nur ca. 20 Bergsteiger übernachtet habe, gab es morgens kein Gedränge beim Frühstück. Und Nachts lag man nicht dicht eingeklemmt zwischen mehreren Schnarchern.

Diese Hochtourenwoche hat sich wirklich gelohnt. Wenn ich eine solche Hochtourenwoche im Auge habe, bin ich motiviert, acht Monate lang gesund zu leben, nicht mit dem Saufen oder Rauchen anzufangen, nicht zuzunehmen und zu trainieren. Alleine die gesundheitlichen Vorteile einer solchen Hochtourenwoche sind unschätzbar. Wieviel ist es denn Wert, wenn man mit 60 Jahren keinen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenkrebs bekommt? Gerade hat ein 54-jähriger KFZ-Meister aus der Nachbarschaft 3 Bypässe bekommen, um den drohenden Herzinfarkt im letzten Moment abzuwenden. Der hat zuviel geraucht und getrunken. Wenn man sich mal überlegt, was für ein Geldwert eine Gesundheitsvorsorge in Form einer jährlichen Hochtourenwoche ist, lohnt sich eine solche Hochtourenwoche wirklich.