Donnerstag, 14. Januar 2016
Gutmensch als Unwort des Jahres 2015
Nachdem ich das gelesen habe, dass das Wort Gutmensch zum Unwort des Jahres 2015 erklärt wurde, musste ich erst einmal darüber nachdenken, was dieses Wort für mich bedeutet. Es gibt ein paar Menschen, die ich nur mit dem Wort Gutmensch treffend beschreiben kann. Zum Beispiel diese 50-jährige Hausfrau, die aufgrund des hohen Gehalts ihres Manager-Ehemanns nicht mehr arbeiten muss. Sie fährt mit dem dicken 6-Zylinder-Geländewagen einkaufen, und unterzeichnet gleichzeitig auf Facebook eine Online-Petition gegen eine neue Palmöl-Plantage in Brasilien. Ein anderes Beispiel ist der 40-jährige Arbeitslose, der ständig in seinem Blog auf den Staat schimpft, weil er keine Arbeitsstelle bekommt, die einem Menschen mit einem sechsjährigen Philisophiestudium angemessen ist. Dieser Linksblogger und die Gutmenschen-Hausfrau kommen ständig mit kreativen Ideen, für welche sozialen Wohltaten der Staat noch ein paar Milliarden Euro mehr ausgegeben könnte, aber gleichzeitig würden sie trotz ihrer sehr vielen freien Zeit selbst nicht auf die Idee kommen, ihre Zeit sinnvoll für eine ehrenamtliche Arbeit als Flüchtlingshelfer zu nutzen. Diese Art von Menschen kann ich treffender weise nur mit Gutmensch beschreiben.

Einen Mensch, der seine eigene Arbeitskraft oder sein eigenes Geld für etwas sozial Gutes einsetzt, achte ich sehr. Diese wirklich sozial engagierte Person würde ich nie als Gutmensch bezeichnen. Ein Gutmensch dagegen ist für mich dagegen jemand, der soziales Engagement nur heuchelt und von anderen einfordert, selbst aber nichts leistet. Die Unwort-Redaktion definieren dagegen das Wort Gutmensch so, als wäre dieses Wort das Schimpfwort für Jemanden, der wirkliche soziale Arbeit leistet und diese nicht nur heuchelt. Diese Definition klingt für mich wie eine bewusste Wortverdrehung, die nur dem Ziel dient, dieses Wort zu verbieten.

Ein Heuchler ist ein Mensch, der nach außen vorgibt, eine innere geistige Einstellung zu haben, die er in Wirklichkeit nicht hat. Pharisäer und Gutmenschen sind Untergruppen von Heuchlern: Pharisäern heucheln eine Religiosität, und Gutmenschen heucheln Umweltschutz und soziales Engagement. Der Begriff Umweltschutz wurde erst vor wenigen Jahrzehnten erfunden und in den Duden aufgenommen. Dementsprechend finde ich es passend, dass der Duden auch den dazugehörigen Begriff Gutmensch als eine Art Heuchler von Umweltschutz und sozialem Engagement ebenso in den Duden aufgenommen hat.

Hätte die Industrie-Lobby damals besser aufgepasst, hätte sie in den Achtzigerjahren den Begriff Umweltschutz zu einem Unwort erklärt. Wenn man diesen Begriff nicht mehr aussprechen darf, kann man sich auch nicht mehr für den Umweltschutz engagieren. Ergo würde es heute keine Katalysatoren und Rußfilter für Autos geben, und niemand könnte über den Klimawandel reden. Die Sprache steuert nämlich, was man denken kann. Deshalb verbietet die Gedankenpolizei in Orwells Roman 1984 auch regelmäßig Begriffe, um damit den Menschen auch die dazugehörigen Gedanken zu verbieten.
Passend dazu habe ich in der FAZ (Link) einen Artikel gefunden: "Bedrohte Meinungsfreiheit - Politisch ganz korrekt". Meine erste Vermutung bei dieser Überschrift war, dass die FAZ selbstkritisch das Unwort des Jahres 2015 reflektiert. Aber stattdessen bezieht sich dieser Artikel nur auf Großbritannien: "An britischen Universitäten läuft die „neue politische Korrektheit“ aus dem Ruder .... Professoren sehen das Grundrecht auf freie Rede bedroht.". Dazu fällt mir nur noch das Sprichwort ein: Den Splitter im Auge seines Bruders sieht man, das eigene Brett vor dem Kopf sieht man aber nicht.

Vor 2000 Jahren war derjenige Mensch am höchsten angesehen, der am penibelsten die ganzen religiösen Vorschriften befolgt hat. Infolgedessen gab es viele Menschen, die nach außen hin Religiosität geheuchelt haben, um an Sozialprestige zu gewinnen. Diese Menschen wurden von Jesus als Pharisäer bezeichnet. Wenn sich heutzutage die Akademiker abends in einer Großstadt treffen, kann niemand mehr mit seinem christlichen Glauben angeben. Umweltschutz und soziales Engagement ist die neue Religion. Die Versuchung ist deshalb groß, Engagement für Umweltschutz und Soziales zu heucheln, um sich gut und moralisch überlegen zu fühlen, Sozialprestige zu gewinnen, und kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, wenn man mit einem dicken Geländewagen einkaufen fährt und vom dem Geld anderer Leute lebt. In dem modernen Zeiten hat der Umweltschutz und das soziale Engagement die Religion abgelöst, dementsprechend ist der Gutmensch die moderne Form des Pharisäers.

Ich hätte einen anderen Vorschlag für das Unwort des Jahres 2015: Arschloch.
Zur Begründung muss ich erst etwas ausholen. Nach den sexuellen Übergriffen zu Silvester in Köln, die größtenteils von Menschen mit nordafrikanischer oder arabischer Herkunft ausging, hat der CDU-Generalsekretär Tauber korrekt das Verhalten der Gutmenschen auf Twitter vorhergesagt: "Wo bleibt denn der #Aufschrei? Bei Dirndlwitzen Maulhelden überall. Aber nun betretenes Schweigen."
Die Gutmenschen-Blogs blieben auch still, bis auf einen Facebook-Account. Der hatte ein Bild geliked, wo ein Fresszettel abgebildet war, auf dem inhaltlich nichts stand außer ein paar Mal das Wort Arschloch. Es ist ein typisches Muster der Gutmenschen, das sobald sie nicht mehr weiter wissen, immer die Totschlag-Keule "Arschloch" oder "Nazi" raus holen. Die Verwendung dieses Wortes führt immer dazu, dass Niveau eines Meinungsaustausches sofort von einer rationalen Ebene auf eine niveaulose Beleidigung herabfällt. Deshalb sollte dieses Wort zu einem Unwort werden.

Als ich dieses Wort Arschloch auf Facebook gelesen habe, habe ich mich gefragt, wo jetzt die von der Politik gewünschte Facebook-Zensur bleibt. Mir fällt dazu immer ein Bild ein, auf dem der 24-jährige Facebook-Chef Zuckerberg bei einem Staatsbankett wie ein Milchbubi neben Angela Merkel steht und verlegen auf den Boden schaut. Die dazu passende Bildunterschrift ist: "Ja Mutti, du kriegst deine Zensur". Aber vielleicht habe ich das mit der Facebook-Zensur auch falsch verstanden, denn in der New York Times (Link) wird diese Facebook-Zensur wie folgt beschrieben: "But the German government still seems more concerned about policing restless natives — most recently through a deal with Facebook and Google to restrict anti-immigrant postings — than with policing migration".
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Samstag, 9. Januar 2016
Die Ausschreitungen in Köln zu Silvester werden vollkommen überbewertet
In den Medien werden aktuell die Vorfälle vor dem Kölner Hauptbahnhof sehr heiß diskutiert. Diese intensive Diskussion ist übertrieben, hundert Strafanzeigen zu Sylvester sollten eigentlich als normales Grundrauschen untergehen. Wer sich wirklich bewusst dafür entscheidet, die Silvesternacht in Köln zu verbringen, muss einfach akzeptieren, dass er nicht nur ein paar Hundert Euro für Zugtickets und Getränke ausgeben muss, sondern auch ein paar Euro an die Taschendiebe verliert. Außerdem ist Köln von mir zu Hause mehrere hundert Kilometer weit weg. Wer sich einzelne Polizeimeldungen zu mehr als hundert Kilometer entfernten Vorfällen herauspickt, und auf diesen Einzelfällen tagelang herumreitet, muss ein Nazi sein.

Bei maximal zwei der einhundert Strafanzeige wurden mittlerweile die dazugehörigen Tatverdächtigte ermittelt (Stand: 7. Januar). Deshalb würde es mich sehr wundern, wenn laut Statistik die Anzahl der Flüchtlinge unter den Tatverdächtigen über zwei Prozent läge. Dieser Prozentsatz entspricht der in der Größenordnung dem normalen Anteil der Flüchtlinge unter der Gesamtbevölkerung. Deshalb ist es statistisch korrekt, wenn der Vertreter der Polizei den besorgten Anwohnern eines zukünftigen Flüchtlingsheims erklärt, dass es eine Mär ist, dass durch Flüchtlinge die Kriminalität steigt.

Als Bürger interessieren mich weder die Straftaten, die in mehr als einhundert Kilometer Entfernung passieren, noch dieser eine Flüchtling, der laut SWR Fernsehen gerade an der Heidelberger Uni-Klinik das neueste Mittel zur Heilung von Krebs erforscht. Diese Lobhudelei durch die SWR-Reporter war selbst dem Flüchtling peinlich, so dass er in dem einzigen Satz, den der überhaupt sagen dürfte, angemerkt hat, dass er eigentlich nur einen normalen Laborjob macht. Im Oktober 2015 wurde der SWR-Filmbeitrag über eine Fahrradwerkstatt in einer Flüchtlingsaufnahme falsch geschnitten. So konnte der Fernsehzuschauer sehen, wie die beiden Schwarzafrikaner zuerst ein paar Sekunden planlos neben einem Fahrrad standen, bevor sie wie auf Kommando angefangen haben, wild irgendwo herumzuschrauben. Da wurden wohl beim Filmschnitt die paar Sekunden vor dem Kommando "Kamera läuft" nicht rausgeschnitten. Das SWR Fernsehen kann sich solche Schnitzer erlauben, da die Zuschauer in der Regel sowieso nur Rentner sind, denen solche Kleinigkeiten nicht auffallen. Als ich meiner achtzigjährigen Mutter einmal auf einen solchen Fehler in der Berichterstattung hingewiesen habe, hat sie nur entsetzt geantwortet, dass sie ja gar nicht die Wahrheit wissen will, sondern nur etwas Bequemes hören möchte. Dies ist wohl der Grund, warum auf ihrem Fernseher direkt nach dem Einschalten immer das SWR Fernsehen läuft.

Diese Aufregung über Köln finde ich auch deshalb übertrieben, weil es zwei Wochen vorher einen anderen Vorfall gab, den ich viel wichtiger fand, der aber in den Medien schnell unterging. Außerdem ist dieser Vorfall nicht in dem mehr als hundert Kilometer entfernten Köln geschehen, sondern in dem zehn Kilometer entfernten Bahnhof einer Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern. Ein 32jähriger Mann wurde Samstagsabends kurz vor Mitternacht vor dem Bruchsaler Bahnhof niedergeschlagen und ausgeraubt (siehe http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/110972/3207281). Die fünf bis acht Täter haben ein arabisches Aussehen. Eigentlich hat der Mann alles richtig gemacht, indem er die Frage nach Zigaretten verneint hat. Er war auch nicht zu einer außergewöhnlichen Uhrzeit in einer dunklen Ecke unterwegs, sondern zur gleichen Zeit an dem Ort, an dem ich selbst auch bin, wenn ich abends in das nächstgelegene Kino gehe. Für mich war dies damit die erste Polizeimeldung, die ich nicht damit abtun konnte, dass dies mir ja nicht passieren könnte, weil ich nicht weit nach Mitternacht betrunken durch igendwelche dunklen Ecken einer Großstadt wanke. Wenn der Kölner Bahnhofsvorplatz zu Silvester ein rechtsfreier Raum wäre, könnte ich problemlos damit leben. Man muss ja nicht zu Silvester nach Köln gehen. Aber damit, dass ich es mir nun zweimal überlegen muss, ob ich mich überhaupt in das Kino einer Kleinstadt trauen kann, habe ich ein Problem.

Nachtrag: Nach dem Schreiben dieses Blog-Beitrags habe ich in der BNN (das einzige Qualitätsmedium im badischen Raum) neue Informationen gefunden, wonach mittlerweile bis zu 15 Asylbewerber zu den Tatverdächtigen in Köln gehören, sich aber gleichzeitig die Anzahl der Strafanzeigen von 100 auf 300 erhöht hat. Zuerst wollte ich die oben angegebene Statistik, die noch auf dem alten Wert von 2 basiert, korrigieren - dies wäre aber nicht so einfach möglich, da der ganze folgende Text auf dem Ergebnis der Statistik basiert, und ich dann auch den ganzen folgenden Text hätte umschreiben müssen. Ich war kurz davor, den Absatz mit der nun überholten Statistik zu löschen, bis mir eingefallen ist, dass ich dann wie das Orwellsche Wahrheitsministerium gehandelt hätte, welches nachträglich Artikel aus alten Zeitungen ausschneidet und verbrennt.

In der aktuellen BNN-Ausgabe beruhigt der für meinen Wohnort zuständige Polizeichef die Bevölkerung, in dem er sagt, dass von Antanzdiebstählen in der Regel nur Männer betroffen sind, die in den frühen Morgenstunden angetrunken unterwegs sind. (Das heißt jemand wie ich, der noch vor Mitternacht nüchtern vom Kino zum Bahnhof geht, muss überhaupt keine Sicherheitsbedenken haben.) Im Jahr 2015 gab es in seinem Zuständigkeitsbereich kein Fall eines Antanzdiebstahles. Diese Pressemeldung hat mich wieder etwas beruhigt. Schließlich wurde bei der Tat im Dezember 2015 das Opfer zwar nach Zigaretten gefragt und danach niedergeschlagen, aber es wurde dabei nicht getanzt!

2. Nachtrag: Am 11. Januar hat der Innenminister von NRW gesagt, dass die Täter fast nur Migranten waren. Die Anzahl der Strafanzeigen zur Silvesternacht in Köln hat sich auf 500 erhöht. Ich bin stinksauer, dass es so aussieht, als hätte ich oben dummes Zeug geschrieben, obwohl ich damals nur das Meinungsbild der Qualitätsmedien und die Statistik der Polizei wiedergegeben habe, das davon ausgegangen ist, dass die Polizei nur 2 Migranten zu den 100 Strafanzeigen ermittelt hat.

Samstag, 11. April 2015
Schwäbische Mentalität
Als ich vor zwei Wochen auf einer Skitourenwoche war, hat sich der Bergführer abends auf der Hütte über die schwäbische Mentalität lustig gemacht. Der Bergführer ist der Liebe wegen von Berchtesgaden in das Schwabenland umgezogen. Dort gibt es Kletterfelsen. Samstags sind dort alle Routen in den Kletterfelsen frei, während man am Sonntag an jeder Route Schlange stehen muss. Der Bergführer hat gespottet: der Schwabe muss am Samstag den blauen Kittel anziehen und den ganzen Tag um das Haus laufen, damit der Nachbar sieht, dass man fleißig ist.

Jeder am Tisch hat darüber gelacht, bis auf mich. Daraufhin hat mich der Bergführer gefragt, ob ich etwa Schwabe bin. Nein, ich bin kein Schwabe, ich komme aus dem Badischen, aber dort ist die Mentalität in dieser Hinsicht genau gleich. Im Frühling sieht man am Samstag vor jedem Haus jemand, der Rasen mäht, Bäume schneidet, oder mit dem Hochdruckreiniger arbeitet. Jemand, der dort auf die Idee kommen würde, samstags klettern zu gehen oder eine Radtour zu unternehmen, würde als faul beschimpft werden. Der Bergführer hat dagegen einen pflegeleichten Nussbaum neben seinem Haus stehen, und kann so am Samstag klettern gehen.

Ich habe nicht gelacht, weil ich stattdessen über die Einstellung des Bergführers verwundert war. Vor allem weil der Bergführer aus einem der hintersten Winkel in Bayern stammt. Wenn ich an Bayern denke, stelle mich mir einen ländlichen Raum vor, in dem fast jeder entweder Bauer ist, oder von einem Bauer abstammt und noch in der Verwandtschaft hat. Dass sich ausgerechnet die bayrischen Bauern über den schwäbischen Hang zur ständigen Gartenarbeit lustig macht, war für mich schon sehr verwunderlich. Der bayrische Bergführer wird wohl sehr genau den Unterschied kennen: bei der Arbeit des Bauern kommt wirklich ein Ergebnis raus, während der Sinn des schwäbischen Samstag nur ist, den ganzen Tag irgendwie beschäftigt zu sein.

Just an diesem Wochenende wollten meine Kollegen am Samstag eine Wanderung mit einer anschließenden gemütlichen Einkehr unternehmen. Daran konnte ich nicht teilnehmen, weil ich noch so viel unerledigte Gartenarbeit hatte. Der vorherige Samstag war leider komplett verregnet, und die zwei folgenden Samstage waren schon anderweitig ausgeplant. Damit blieb nur der aktuelle Samstag zur Gartenarbeit. Ich muss noch mehrere große Bäume schneiden, drei Himbeerbüsche umsetzen, Grünschnitt fortfahren, den Rasen verkultieren usw. Der Baumschnitt muss im April erledigt sein. Also muss ich den ganzen Samstag Bäume schneiden. Und dann plagt meine Mutter schon länger, dass alle Waschbetonplatten mit dem Hochdruckreiniger vom Moos befreit werden müssen.

Es ergab sich, dass am Freitag meine Mutter mit einem Hasenvater telefoniert hat, der eine Anhängerladung voll Hasenmist loswerden musste. Meine Mutter hat sich sofort gerne bereiterklärt, den Hasenmist auf ihre beiden Komposthaufen zu übernehmen. Da der 75-jährige Hasenvater auch schon ein neues Hüftgelenk hat, wurde festgelegt, dass ich am Samstag den Transport des Hasenmists übernehme. Gut, dass ich schon das Wanderwochenende mit dem Kollegen abgesagt hatte, denn ich wurde ja nicht gefragt, ob ich an dem Samstag Zeit habe.

Überspitzt formuliert bedeutet die schwäbische Mentalität, dass wenn alle anderen den Samstag mit Wandern, Klettern und einer Einkehr genießen, der Schwabe zu Hause bleibt, um Hasenmist zu schaufeln.

Die Aktion mit dem Hasenmist war eigentlich sinnlos, da die überdimensionierten Komposthaufen ja schon insgesamt zur Hälfte voll waren, und der Garten sowieso überdüngt ist. Diese gesamte Gartenarbeit halte ich insgesamt für sinnlos. Meine Mutter betont zwar immer ganz stolz, dass sie so viele Kartoffeln erntet, dass davon die ganze Familie ein Jahr leben kann. Doch hat die Enkelin aus der Großstadt letzt, als sie Kartoffeln aus der Grube holen sollte, mit der Taschenlampen-App des iPhones in die Grube geleuchtet und dabei das iPhone fallen lassen. Leider war das nagelneue iPhone nicht versichert. Ein Sack Kartoffeln kostet ja nur ein paar Euro - für den Preis eines iPhones könnte man sein ganzes Leben lang Kartoffeln kaufen.

Reisen bildet. Ich habe bei meiner letzten Bergwoche von einem Bergführer die schwäbische Mentalität vor Augen geführt bekommen. Bisher hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich am Samstag beim Joggen oder Fahrradfahren an jemanden vorübergekommen bin, der Gartenarbeit verrichtet. Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein, denn der Jogger oder Radfahrer unternimmt etwas Schönes, was auch seiner Gesundheit nutzt, während die Leute, die sinnlos im Garten wursteln, einfach nur einfallslos und zu faul für Sport sind.

Der Tischnachbar des Bergführers hat diese Darstellung der schwäbischen Mentalität bestätigt: ich bin von Bayern ins Schwabenland gezogen, habe aber zum Glück ein Haus, das abgelegen liegt und durch die Bäume nicht einsehbar ist, so dass sich niemand beschweren kann, wenn ich das frisch gefallene Laub nicht sofort wegfege. Diese Beschreibung trifft zu, wobei ich von Gesprächen her nur die andere Seite kenne: die Rentnerin berichtet beim Kaffeeklatsch, dass die neu hinzugezogene Familie schon seit Tagen das Laub nicht wegfegt. Dies ist gefährlich, weil auf dem Laub ja jemand ausrutschen könnte. Also habe ich dort angerufen und gesagt, dass Laub herumliegt, welches weggemacht gehört. Daraufhin habe ich die unfreundliche Antwort bekommen: "von Ihnen möchte ich nicht wieder belästigt werden". (Die erzählende Rentnerin hat offen gelassen, wie oft sie dort angerufen hat, bis diese Aussage kam.) Als naiver Zuhörer dieser schwäbischen Rentnerin würde man sich die Frage stellen, ob man die Reingeschmeckten überhaupt auf der Straße grüßen darf. Wobei die schwäbische Hausfrau ja leicht reden hat: in ihrer Welt gab es zu jedem Haus auch eine Hausfrau, die den ganzen Tag Zeit hat. Dass heute auch Frauen berufstätig sind und ein Berufstätiger nach einem harten Arbeitstag nicht noch vor dem Haus einen Scheinwerfer aufstellen möchte, um im Dunkeln das Laub zu fegen, versteht die schwäbische Hausfrau einfach nicht. In ihrer Welt ist eine Hausfrau, die den ganzen Tag nichts anderes macht, als mal kurz Laub wegzufegen, mehr Wert als ein Berufstätiger, der den ganzen Tag eine gute Leistung im Beruf erbringt, und deshalb keine Zeit für die Gartenarbeit hat.

Diese moralische Überbewertung der Gartenarbeit möchte ich durch einen Vergleich noch weiter hinterfragen. Meine Mutter ernährt sich in der Hinsicht ungesund, dass sie zu viel Schweinefleisch isst. Dies ist ein typisches Verhalten der Nachkriegsgeneration, die sich in der Nachkriegszeit das Ziel gesetzt hat, es irgendwann zu schaffen, und dann jeden Abend Fleisch auf dem Teller zu haben. Wenn ich sehe, wie sie abends ein Brot dick mit Leberwurst beschmiert, und dann das Leberwurstbrot noch mit dicken Scheiben Griebenwurst belegt, dann ist das selbst einem Nichtvegetarier ein Zuviel an Schweinefleisch. Sämtliche Ermahnungen, sich gesünder zu ernähren, sind da absolut fruchtlos. Irgendwann war es dann so, dass zu dem Übergewicht, Bluthochdruck und den schlechten Cholesterinwerten noch ein neues Hüftgelenk hinzukam. Also habe ich ihr einen sehr guten Ergometer besorgt und gesagt: hier steht das Ergometer, da kannst du nach der Hüft-OP jeden Tag eine viertel Stunde draufhocken. Dieses Ergometer wurde von ihr nur einmal benutzt. Ich kann nicht verstehen, wie man einerseits so unwillig sein kann, etwas für seine Gesundheit zu tun, und jeden Sport als wertlose Zeitverschwendung abtut, aber gleichzeitig die eigentlich sinnlose Gartenarbeit so moralisch hoch achtet. Der Vergleich zeigt, dass es eigentlich umgekehrt sein müsste: wenn Samstags ein Jogger oder Radfahrer an einem Gärtner vorbeikommt, ist gemäß der schwäbischen Mentalität der Jogger oder Radfahrer faul und der Gärtner fleißig, dabei müsste im Gegenteil der Jogger oder Radfahrer hoch geachtet werden, während hingegen der Gärtner als jemand angesehen werden müsste, der mangels besserer Ideen seine Zeit mit langweiliger Wurstelei verschwendet und zu faul ist, etwas für seine Gesundheit zu tun.
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Sonntag, 13. April 2014
TV-Programm für Renter
Das Abendprogramm von SWR 3 wird ja nur für Rentner gemacht. Bei solchen konservativen, christlichen Zuschauer darf man ja während der Fastenzeit das Thema Fasten nicht aussparen. Deshalb sieht man in SWR 3 einen langen Fernsehbericht übers Fasten:
In dem Fernsehbericht wird ausführlich über die heutigen Jugendlichen berichtet, die nicht mehr auf ihr Smartphone verzichten können. Um diese Jugendlichen zu motivieren, während der Fastenzeit auf das Smartphone zu verzichten, wurde versprochen, einen gewissen Betrag in die Klassenkasse einzuzahlen, wenn alle Schüler während der Fastenzeit kein Smartphone benutzen. Eine interviewte Schülerin sagt: normalerweise hätte ich (am Samstag) nach dem Sporttunier meinen Freundinen eine SMS geschickt, um ihnen mitzuteilen, welchen Platz meine Mannschaft belegt hat. Während der Fastenzeit darf ich das aber nicht mehr. Der Begriff Fasten wurde durch SWR 3 so umdefiniert, dass Fasten nur noch bedeutet, auf das Smartphone zu verzichten.

Das kann ich mir so gut vorstellen: wie viele Rentner jeden Abend ab 18:00 Uhr vor dem Fernseher sitzen, ihr Häffele Wein oder ihr Bier während der Fastenzeit trinken, und dann vom SWR 3 gesagt bekommen, dass sie gute Christen sind, weil sie während der Fastenzeit kein Smartphone benutzen. So sieht es aus, wenn Pharisäer fasten.

Montag, 19. August 2013
Zugspitze – Großglockner – Watzmann
Zugspitze by fair means
Als deutscher Bergsteiger sollte man einmal im Leben auf dem höchsten deutschen Berg – der Zugspitze – gestanden sein. Im August bot sich für mich dazu eine gute Gelegenheit. Ich musste mich nämlich für eine Woche mit Bergführer akklimatisieren, und die Zugspitzregion lag gerade auf halben Weg zwischen meinem Heimatort und dem Treffpunkt mit dem Bergführer. Für mich war es selbstverständlich, die Zugspitze by fair means, d.h. ohne Benutzung einer der zwei Seilbahnen auf die Zugspitze, zu machen.
Für den Aufstiegsweg zur Zugspitze habe ich mir den Weg durch das Höllental ausgesucht. Die meisten Personen, die diesen Weg gehen, legen eine Zwischenübernachtung auf der Höllentalangerhütte ein:



Von dieser Höllentalangerhütte aus kann man direkt auf die Zugspitze schauen. Die Zugspitze ist der Gipfel in der Mitte mit den hohen Masten. Der Berg weiter rechts sieht zwar höher aus, doch dies ist nur eine Täuschung, die durch die Perspektive bedingt ist:



Da ich im Voraus eine ganze Woche das sehr empfehlenswerte Hotel Alpenhof im Zugspitzdorf Grainau gebucht habe, wollte ich nicht wie die anderen Bergsteiger in der Höllentalangerhütte übernachten. Ansonsten hätte ich ja eine schon bezahlte Übernachtung im Hotel verschenkt. So müsste ich in einem Tag die 2200 Höhenmeter vom Talort bis zur Zugspitze bewältigen. Dies klingt erst einmal viel, aber dafür hat man an diesem Tag überhaupt keine Höhenmeter im Abstieg. Diese 2200 Höhenmeter habe ich in viereinhalb Stunden geschafft, eine weitere halbe Stunde habe ich benötigt, um von meinem Hotel aus eben zum Anfang des Höllentals zu gehen.
Beim Aufstieg zur Zugspitze habe ich 50 Bergsteiger überholt, die vermutlich alle von der Höllentalangerhütte gestartet sind. Das Überholen war problemlos, selbst im Klettersteig habe ich 20 Personen überholen können – entweder wurde man vorbeigelassen oder man konnte im breiten Klettersteig ohne Unterstützung des Vordermanns überholen.
Diese 50 Personen im Aufstieg sind harmlos gegen den Anblick, den man nach Erreichen des Zugspitz-Gipfels hat:



Auf diesem Beton steht die „Alpenvereinshütte“ Münchner Haus, wo ich übernachten wollte. Es war nicht einfach, einen Übernachtungsplatz in diesem Haus zu bekommen. Ich wusste, dass um 17:00 Uhr die letzte Seilbahn fährt, weshalb das Personal spätestens ab 17:30 Uhr genügend Zeit haben müsste. Gleichzeitig ist 17:30 Uhr aber noch so früh, dass noch niemand beim Abendessen sitzen sollte. Deshalb habe ich am Vortag um 17:30 Uhr beim Münchner Haus angerufen, um einen Schlafplatz zu reservieren. Obwohl des Personal eigentlich Zeit haben sollte, musste ich mir eine Bandansage anhören: „Liebe Bergfreunde, leider haben wir ja soo viiieeel zu tun, dass wir unmöglich ans Telefon kommen können. Ihr braucht auch gar nicht versuchen, einen Schlafplatz zu reservieren, wir sind sowieso komplett ausgebucht. Und falls ihr das Wetter wissen wollt, ruft besser beim Wetterdienst an, die kennen das Wetter besser als wir.“ Diese Bandansage musste ich mir noch einige Male anhören, und die Stimme kam mir von Mal zu Mal arroganter vor. Als ich den Wird endlich persönlich erreicht habe, wurde ich aufgrund meiner bitte nach einem Schlafplatz nur ausgelacht: „Wir haben 27 Schlafplätze, gestern haben 70 Leute auf der Hütte übernachtet – die lagen überall“. Irgendwie habe ich dann doch noch einen Schlafplatz bekommen. Die Aussage, dass angeblich 70 Leute auf der Hütte übernachtet hätten, kann ich nicht glauben, Als ich dort übernachtet habe, waren dort nur 17 Übernachtungsgäste, wovon 14 am Folgetag den Jubiläumsgrat gehen wollten.

Jubiläumsgrat
Der Jubiläumsgrat ist der Grat von der Zugspitze zur Alpspitze. Den besten Eindruck von Jubiläumsgrat bekommt man durch den Ausblick von der Stepbergalm: der größte Berg ganz rechts ist die Zugspitze, die Pyramide ganz links ist die Alpspitze, und alles dazwischen ist der Jubiläumsgrat:



Nach der Übernachtung auf dem Münchner Haus hatten es alle Jubiläumsgrataspiranten eilig, früh loszugehen. Der Grund für diese Eile ist unter anderem, dass man nach dem Jubiläumsgrat die letzte Alpspitz-Seilbahn um 17:00 Uhr erwischen sollte, da man ansonsten noch einen langen Abstieg vor sich hat. Die meisten sind mit der ersten Helligkeit um 05:30 Uhr gestartet. Das Münchner Haus bietet aber erst ab 06:45 Uhr Frühstück an. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne Kaffee und Frühstück zu starten, weshalb ich die Frühstückszeit abwarten wollte. Um 06:30 Uhr war ich aber wach und abmarschbereit, und wollte nicht weitere Zeit mit dem Warten auf das Frühstück verschwenden. So sind an diesem Tag 14 Personen zum Jubiläumsgrat aufgebrochen, ohne vom Münchner Haus ein Frühstück zu bekommen. Kleine Rechenübung: ein Frühstück auf einer Alpenvereinshütte kostet bis zu 9 Euro. Bei 14 Personen kämen so schnell mehr als 100 Euro zusammen. Dafür müsste nur eine der drei Personen vom Hüttenpersonal eine Stunde früher aufstehen. Daran sieht man, wie viel Wert das Münchner Haus auf Übernachtungsgäste und Bergsteiger legt. Das Münchner Haus verdient lieber mit den Gästen, die mit der Seilbahn hochfahren, fünf Weizenbier trinken, und dann wieder mit der Seilbahn runterfahren.
Eine viertel Stunde nach dem Abmarsch von der Zugspitze bekommt man einen ersten Überblick über den Grat: links oben sieht am die Alpspitze als Gratende und links in der Mitte zwei Begeher des Grats:



Auf dem Grat ist man meistens so unterwegs:



Oder so:



Oder auch so:



Es gibt laut Führerliteratur eine Schlüsselstelle im dritten Schwierigkeitsgrad. Mir kam es vor, dass es mindestens zwei oder drei solcher Stellen gibt:



So schlimm wie auf dem folgenden Bild ist aber der Grat auch nicht. Der folgende Gratbegeher hat sich verstiegen. Grundsätzlich soll man zwar immer am Grat bleiben, aber manche Gratzacken umgeht man besser, anstatt sie zu überklettern:

watz_027_klein

Nach zweieinhalb Stunden habe ich die Gratbegeher Nummer 9 und 10 überholt, die nach eigenen Angaben eine Stunde vor mir gestartet sind. Nach meiner Hochrechnung müssten diese Gratbegeher neuneinhalb bis zehn Stunden für den ganzen Grat benötigt haben. Die Gratbegeher 1 bis 8 habe ich schon früher überholt. Diese werden wohl zwölf bis vierzehn Stunden benötigen. Die einzigen, die ich nicht einholen konnte, war eine Dreiergruppe von der Südtiroler Bergwacht.
Kurz nach 9 Uhr ist für zehn Minuten ein kurzer Regenschauer aufgekommen, der nicht vom Wetterbericht vorhergesagt war. Nach dem zehnminütigen Schauer ist der Himmel dunkel geworden und der Regen stärker. Nachdem ich mir den stärkeren Regen fünf Minuten angeschaut habe (und Goretex-Jacke sowie Goretex-Überhose angezogen habe), habe ich mich entschlossen, den Notabstieg zur Knorrhütte zu nehmen. An dem Wegweiser zum Notabstieg bin ich zehn Minuten zuvor vorbei gekommen, das heißt ich musste diesen Weg auf dem Grat wieder zurückgehen. Der Wegweiser weist auf ein Schuttfeld, auf dem man keine Wegmarkierungen oder Steigspuren findet. Nach einigen hundert Metern geht dieses Schuttfeld in steile Felsplatten über. Da ich schon von vom Grat aus in die Mulde hinunter zur Knorrhütte schauen konnte, wusste ich, wie das Gelände aussieht: es gibt überall steile Felsplatten, an deren oberen Ende steiler Schutt liegt. Das Problem ist, dass man mehrere hundert Meter ohne Spuren über den Schutt gehen muss, und danach eventuell die falsche Felsplatte erwischt, die viel steiler und schwieriger ist als der richtige Weg. Nach kurzer Zeit habe ich mich deshalb entschlossen, diesen Abstiegsversuch zur Knorrhütte abzubrechen und wieder zurück zum Jubiläumsgrat zu gehen. Lieber kämpfe ich mich bei Regen über einen Klettersteig, als irgendwelche steile Platten zur Knorrhütte abzuklettern, ohne zu wissen ob ich auf dem richtigen Weg bin. Glücklicherweise hat der starke Regen nach zehn Minuten wieder aufgehört und der Himmel ist wieder hell geworden. Dieser Versuch, den Abstieg zur Knorrhütte zu nehmen, hat mich eine halbe Stunde zusätzlich gekostet. So habe ich für den gesamten Jubiläumsgrat von der Zugspitze bis zur Alpspitz-Seilbahn acht Stunden benötigt, ohne diesen Umweg wären es nur siebeneinhalb Stunden gewesen.

Großglockner
Nach dem Treffen mit dem Bergführer standen erst zwei kleinere Tourentage auf dem Programm, und danach der Großglockner über den Stüdlgrat. Aufgrund von Schnee musste dieser dritte Schwierigkeitsgrad mit Steigeisen geklettert werden:



Wenn man auf dem Stüdlgrat nach hinten blickt, sieht der Grat so aus:



Watzmann-Ostwand
Um eine Vorstellung von der Größe der Wand zu bekommen, möchte ich ein Bild zeigen, dass ich kurz nach der Durchsteigung aufgenommen habe. Die linke Wand auf dem Bild ist die Ostwand, wenn man das Vollbild anzeigt und dort genau sucht, sieht man zwei Kletterer in der Wand:



Ich habe eine Zeit lang mit der Idee gespielt, diese Wand mal solo zu machen. Nachdem ich diese Tour mit Bergführer gemacht habe, muss ich sagen, dass das keine Solotour für mich wäre. Am Anfang gibt es zwei Seillängen und später nochmal eine halbe Seillänge, bei denen ich nicht auf eine Seilsicherung verzichten wollte:



Abgesehen von diesen zweieinhalb Seillängen bin ich auf den Vorschlag des Bergführers, dass ich auch ohne seil gehen dürfte, gerne eingegangen. So konnte ich kurz stehen bleiben und Fotos machen, ohne gleich am Seil gezogen zu werden:



Die Begehung der Watzmann-Ostwand endet bei der Watzmann-Südspitze. Danach stand für uns noch die sogenannte Watzmann-Überschreitung über die Watzmann-Mittelspitze zum Hocheck auf dem Programm. Dies waren noch einmal ein paar zusätzliche Höhenmeter, so dass am Ende 2300 Höhenmeter im Aufstieg und genauso viele Höhenmeter im Abstieg zusammen kamen. Das ist mein persönlicher Rekord.
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